DMS Jin Xuan Black Pearls
Wie „schwarz“ ist dieser Tee wirklich?
DMS Jin Xuan Black Pearls Celebration im chinesischen Gong Fu Cha Stil
Als ich vor fast 2 Jahren, Anfang des Jahres 2011, zum ersten Mal den (gerade erst „erfundenen“) schwarzen Tee aus Nordthailand vorstellte, reagierte die „Tee-Welt“ zunächst mit der gleichen Skepsis und Zurückhaltung, die ich mir selbst ebenfalls nicht hatte verkneifen können, als die Erzeuger-Familie in Doi Mae Salong mir stolz die Neuigkeit verkündete.
Nun, besagte Skepsis ist typischerweise in dem Augenblick Geschichte, in dem unsere DMS Jin Xuan Black Pearls zum ersten Mal auf die Geschmacksnerven treffen, eine Regel, die nicht nur für unvoreingenommene Tee-Liebhaber zu gelten scheint, sondern gleichermaßen auch für Tee-Neulinge sowie eingefleischte Fans klassischer Schwarztee-Sorten wie Assam oder Darjeeling. In der Zwischenzeit haben die Doi Mae Salong Black Pearls sich zu einem Bestseller des SiamTee-Sortiments gemausert, den wir mittlerweile nicht mehr nur an unseren (Tee-)Freundeskreis im Siam Tee Shop, sondern auch erfolgreich an Einzelhändler (na, fast) auf der ganzen Welt verschicken, namentlich in die USA, Australien, Schweden, die Tschechische Republik, Frankreich und in die Niederlande.
In Fach- und Liebhaberkreisen hat sich eine Diskussion darüber entsponnen, ob unser DMS Jin Xuan Black Pearls denn nun wirklich ein schwarzer Tee ist, oder gar ein roter, oder eher ein sehr stark fermentierter („dunkler“) Oolong Tee.
Dunkle Färbung der trockenen „Perlen“ mit sichtbarem Grün
Nun, eine abschließende Klärung kann ich zu dieser Frage allein schon deshalb nicht liefern, weil die Grenzen der Begriffe „schwarzer Tee“, „roter Tee“ und „dunkler Oolong Tee“ von ihrer Natur her fließend sind und sich im Niemandsland zwischen den eher verschwommenen Definitionsgrenzen enorme Räume für Interpretation, Spekulation und Experimente auftun. Trotz der Tücken der begrifflichen Definition können wir die Position des DMS Jin Xuan Black Pearls auf der Karte der Grundkategorien von Tee recht exakt positionieren. Voraussetzung ist hierfür jedoch zunächst eine kurze Klärung des unserem dreidimensionalen „Achsenkreuz“ zugrundeliegenden Begriffsverständnisses:
Schwarzer Tee: Westlicher Begriff für „vollständig“ (i.d.R über 94%) fermentierten Tee der Spezies Camellia Sinensis, geltend unabhängig von Kultivar und Anbaugebiet. „Schwarz“ wegen der zunehmenden Dunkelfärbung der Blätter bei hohem Oxidations- / Fermentierungsgrad.
Roter Tee: Traditioneller chinesischer Begriff für vollständig“ (über 90%) fermentierten Tee der Spezies Camellia Sinensis, bezogen jedoch ausschließlich auf chinesische Teesorten, ganz einfach deshalb, weil das alte China noch keine Darjeelings oder afrikanische schwarze Tees kannte, einmal aufgrund der seinerseit noch nicht existenten Globalisierung und andererseits, weil es diese Tees zur Hochzeit der über 3000 Jahre alten chinesischen Teekultur noch gar nicht gab. „Rot“ wegen der klaren dunkelroten Farbe des Aufgusses.
Dunkler Oolong-Tee: kein offizieller Begriff in der „Lehre“, aber doch ein geflügeltes Wort in Tee-Liebhaberkreisen, in der Regel verwendet für einen tendenziell eher stark fermentierten/oxidierten Oolong-Tee, wobei das Prädikat „dunkel“, im Vergleich zu grünem, gelbem oder weißem Tee, bzw. auch zu weniger stark fermentiertem/oxidiertem Oolong-Tee sowohl auf die verarbeiteten Teeblätter wie auch auf die Farbe des fertigen Tee-Getränks zutrifft. Eine verbindliche Bereichsdefinition des auf den Begriff anwendbaren Fermentierungsgrades gibt es hierbei nicht.
Nasse Blätter mit sichtbaren schwarzen und grünen Farbkomponenten
Demnach sind die Inhalte der Begriffe „schwarzer Tee“ und „roter Tee“ weitgehend identisch. Wie gesagt, weitgehend… Wer heute „roter Tee“ sagt, meint zwar immer einen chinesischen schwarzen Tee, dennoch werden eben diesem roten/chinesischen schwarzen Tee gewisse besondere Eigenschaften in Geschmack und Verarbeitung zugeschrieben, die roten Tee durchaus als eine besondere Form des schwarzen Tees oder gar eine Klasse für sich qualifizieren. Hier muss ich jedoch ins Reich des Spekulativen begeben: wie es scheint, sind Milde und ein geringer Anteil an Bitterstoffen bei gleichzeitigem Reichtum an Aroma und geschmacklicher Bandbreite typisch für chinesischen roten Tee, während das Kriterium „rot“ für das fertige Tee-Getränk auch bereits bei leicht geringerem Fermentierungs-/Oxidationsgrad (90%, oder gar 85%?) erfüllt wird und auch ein Tee dieses Fermentierungsgrades in China demnach als „roter Tee“ durchgeht, während man ihn im Westen bei einem Fermentierungsgrad von 85% oder 90% vielleicht eher als einen „dunklen Oolong“ bezeichnen würde.
Die Fakten über DMS Jin Xuan Black Pearls
Unsere „Black Pearls“, die demnach eigentlich eher „Red Pearls“ heißen müssten, was wir aber nicht tun können, weil im Westen dann viele denken würden, es handele sich dabei um Pu Er (oder gar Rooibus-Tee), werden auf der Basis des in Doi Mae Salong angebauten, ursprünglich aus Taiwan importierten Kultivars Jin Xuan Oolong Nr. 12 (chin. „12“ = „shi er“) hergestellt, und zwar ganz einfach durch eine sehr viel stärkere Oxidation/Fermentierung als dies für den Jin Xuan Oolong Nr. 12 üblich ist.
Deutliche Rotfärbung des fertigen Tees
Wie hoch der Fermentierungsgrad GENAU ist, kann ich als Nicht-Lebensmittelchemiker natürlich auch nicht sagen, aber ich schätze, dass er typischerweise irgendwo im Bereich zwischen 85% und 90% angesiedelt sein muss, womit er einerseits ziemlich genau in die Mitte des Niemandslandes zwischen schwarzem Tee und „dunklem“ Oolong Tee fällt, andererseits aber alle Bedingungen für eine Einstufung als „roten“ Tee erfüllt:
- dunkles, fast schwarzes Blatt, in dem jedoch ganz klar auch noch Grüntöne wahrnehmbar sind (am deutlichsten zu sehen beim noch trockenen gerollten Blatt, aber auch beim nassen entfalteten Blatt);
- sattes, klares Rot des Aufgusses nach angemessener Ziehdauer (vorher ins Bräunliche gehende Bernsteinfärbung);
- mild im Geschmack, der selbst nach einer Ziehdauer von 4-5 Minuten nur wenig Bitter-Komponenten aufweist;
- reiches Aroma mit breitem Geschmacksspektrum, reichend von einer ausgeprägten, fast dominierenden wundervoll süßen Kakaonote über nussige Komponenten, wie sie typisch sind für eine ganze Reihe stark fermentierter chinesischer Tees (ob Oolong oder „rot“) typisch sind, bis zu den für Thai-Oolongs charakteristischen erdigen, leicht grasigen Aromen, letztere bei den Black Pearls jedoch eher als „Hintergrund-Untermalung“.
Rot- und Bernstein-Färbung in weissem Becher
Zubereitungsempfehlung:
Meine Zubereitungsempfehlung für die DMS Jin Xuan Black Pearls gründet sich auf meinen in mittlerweile vielen Hunderten von Aufgüssen gesammelten Erfahrungen. Dennoch sind die Geschmäcker der Menschen (zum Glück) verschieden, so dass ich mit dieser Empfehlung keineswegs eine Regel aufstellen möchte, die ich auch für andere Tee-Genießer als verbindlich erachten würde. Aber gerade weil die (für mich) optimale Zubereitung dieses Tees in einigen Punkten sehr stark von der eines schwarzen Tees oder auch Oolong-Tees abweicht, möchte ich doch jedem ans Herz legen, es zumindest einmal mit meiner Empfehlung zu versuchen:
Ich gieße DMS Black Pearls im chinesischen Gong Fu Cha Stil auf, in einem Tonkännchen, wobei Letzeres sicherlich kein Muss ist. Was diesem Tee meiner Erfahrung nach jedoch klar zugutekommt, sind das Vorwärmen und -Befeuchten der Teekanne sowie der kurze „Waschaufguss“, wie sie typisch sind für die chinesische Gong Fu Cha Teezeremonie. Ich dosiere pi mal Daumen etwa 3 Gramm DMS Jin Xuan Black Pearls auf 25o ml kochendes Wasser, gerne 90°C, und gerne auch darüber. Das Vorwärmen der Teekanne durch das Übergießen mit heißem Wasser von außen und den „Waschaufguss“ von innen trägt dazu bei, dass die Temperatur nicht binnen kürzester Zeit unter eine Grenze fällt, unter der sich der Geschmack dieses Tees nicht mehr optimal entfaltet. Eine hohe Zieh-Temperatur ist umso wichtiger, weil man DMS Black Pearls im ersten Aufguss relativ lang, am besten mindestens 3 Minuten lang, ziehen lässt, auch 4 Minuten und leicht darüber sind durchaus noch okay. Bitter wird der Tee durch die vergleichsweise lange Ziehdauer nicht, jedoch entfaltet er nur so seinen aromatischen Reichtum und seine geschmackliche Intensität in vollem Umfang.
Bei einem ersten Aufguss wie beschrieben ist dieser Tee immer auch noch einen zweiten Aufguss wert, ja, es wäre sogar eine bedauerliche Verschwendung, diese Option nicht auszuschöpfen. Der zweite Aufguss benötigt ebenso heißes Wasser wie der erste und darf nun gerne volle 5 Minuten ziehen. Bei einem korrekten Timing des ersten Aufgusses wie oben beschrieben, sind beide Aufgüsse annähernd gleichwertig.
Nun verstehe ich jeden, der sagt, dass ihm das theoretische „Erbsenzählen“ der Fachwelt, wenn es um Tee geht, nicht im Mindesten interessiert, er/sie nicht einmal wirklich wissen muss, ob es sich bei DMS Jin Xuan Black Pearls nun per Definition um einen schwarzen, roten oder dunklen Oolong-Tee handelt, sondern der subjektiv empfundene gute Geschmack letztlich das einzige Kriterium ist. Dennoch, ich schätze jedes Wissen über den Tee, den ich trinke, nicht nur als eine theoretische Vermehrung meines Wissensschatzes, sondern bilde mir ein, mein Wissen über die Herkunft, Verarbeitung und Geschichte eines Tees im transzendenten Sinne auch tatsächlich schmecken zu können. Glaubt ihr nicht? Wer DMS Jin Xuan Black Pearls zuhause im Tee-Regal stehen und schon vor der Lektüre dieses Artikels gekostet hat, der sei nun dazu aufgefordert, diesen Tee nach der Lektüre dieses Artikels noch einmal zu verkosten. Nun sagt bloß nicht, ihr merkt keinen Unterschied…
Neugierig geworden? Bestellen kann man die Doi Mae Salong Jin Xuan Black Pearls natürlich im Siam Tee Shop: