Die Teegärten des Doi Tung
Auf den Spuren des Königlichen Entwicklungsprojekts
Als wir begonnen hatten, uns mit Tees aus Nordthailand zu beschäftigen, hatte uns dies zunächst auf geradem Weg nach Doi Mae Salong geführt, der von chinesischen Einwanderern in den 50er Jahre gegründeten heutigen „Hauptstadt“ des regionalen Tee-Anbaus. Im Rahmen unserer Beschäftigung mit der Entwicklung und den Hintergründen der hiesigen Tee-Erzeugung und -verarbeitung lernten wir jedoch auch bald, dass die eigentlichen Wurzeln des Teeanbaus in Nordthailand auf dem Doi Tung liegen, genauer gesagt Mitte der 90er Jahre im dortigen Ableger der Königlichen Entwicklungsprojekte begründet wurde. Siehe hierzu unseren Artikel
Doi Tung 1: Mohnfelder zu Teegärten – Das Königliche Entwicklungsprojekt
Während das heutige Doi Mae Salong sich als ideale Bezugsquelle für die gesamte Bandbreite des nordthailändischen Tee-Portfolios erwies, war ich doch immer neugierig, wie die Anfänge auf dem Doi Tung sich wohl entwickelt haben mochten. Ich wusste, dass dort die ursprünglich aus Taiwan importierten Kultivare Jin Xuan Oolong Nr. 12 und Ruan Zhi Oolong Nr. 17 angebaut wurden und dass diese Tees Dank der Beziehungen und des guten Namens des Königsprojektes auch in manch gut sortiertem Teehandel in Übersee erhältlich waren. Dazu kamen die Gerüchte, der Anbau unter der Schirmherrschaft des Royal Project erfolge ausschließlich nach den Grundsätzen organischen Anbaus.
Nun endlich, 2 Jahre nach den Anfängen des Siam Tee Blog, meines kleinen Unternehmens SiamTee und des Siam Tee Shop, von denen wir eines in Deutschland verbracht hatten, fand sich endlich ein verlängertes Wochenende, an dem ich mir die Zeit für eine Reise auf den Doi Tung nehmen konnte, um mich dort auf die Suche nach den Spuren der Anfänge der Teekultivierung in Nordthailand zu machen. Der Plan war simpel und die Hausaufgaben gemacht: zum Zentrum des königlichen Entwicklungsprojektes auf dem Doi Tung gehört ein Resort, die Doi Tung Lodge. Dort würde ich absteigen, um meine Nachforschungen bezüglich des Projektes selbst sowie der Entwicklung und des aktuellen Erscheinungsbildes der lokalen Tee-Produktion direkt am historischen Schauplatz der Ereignisse aufzunehmen. Weiter wollte ich eigentlich nichts als ein paar Teegärten fotografieren und vielleicht einen geeigneten Erzeuger der „Doi-Tung-Versionen“ der besagten beiden Tee-Sorten Jin Xuan Oolong Nr. 12 und Ruan Zhi Oolong Nr. 17 ausfindig machen, mit dessen Hilfe ich unser Angebot an Tees aus Nordthailand noch etwas weiter differenzieren und abrunden können würde. Ein simpler Plan, wie gesagt, mit angenehm niedrig gesteckten Zielen. Wie sich herausstellen sollte, war es denn doch nicht ganz so einfach…
Tag 1: Die Anreise
Am Donnerstag, den 20. September 2012, besteige ich am frühen Morgen in Chiang Mai einen Bus, der mich binnen drei Stunden nach Chiang Rai bringt, wo ich mir zur Weiterreise ein Motorrad miete. Es sind nur etwa 2 Stunden Fahrt durch die Berge bis zu meinem Ziel Doi Tung, und der Reichtum der Strecke an landschaftlicher Schönheit und Panoramen lassen keine Langeweile aufkommen.
Jetzt, zum Ende der Regenzeit, sind die Berge mit üppigem Grün und Frucht bedeckt und das klare Septemberwetter erlaubt Ausblicke, von denen ich mich nicht einmal zu schätzen wage, wie weit ich wirklich sehen kann. Was ich nicht sehe, sind Tee-Gärten, ein Phänomen, das mich auf dieser Reise noch eine ganze Weile begleiten soll.
Am Nachmittag erreiche ich das Projektzentrum auf dem Doi Tung und die Doi Tung Lodge, die einzige Unterkunft in einem Umkreis von 20 km. Ich werde freundlich empfangen und man zeigt mir ein Zimmer, das mit ca. $US50 pro Übernachtung nicht unbedingt das billigste in Nordthailand ist, in Größe, Geschmack, Sauberkeit und Ausstattung dafür aber auch gehobenen Ansprüchen durchaus gerecht wird. Von außen erscheinen mir Gebäude und Anlage dagegen fast ein wenig schmucklos für eine Edelherberge im alten Lanna, das weltweit einen Ruf für den künstlerischen Reichtum seiner alten (Teakholz-) Architektur genießt.
Nach dem Einchecken beschließe ich, den Rest des Tages zu nutzen, um mich ein wenig umzusehen sowie herauszufinden, wo ich am nächsten Tag ein paar fotogene Teegärten finden werde. Ich frage gleich am Empfang der Lodge, aber das Mädchen erklärt mir stattdessen den Weg nach Doi Mae Salong, mit dem Hinweis, dort gebe es viele Teegärten, während man hier auf dem Doi Tung eher wenige habe. Auf die Frage, wo diese wenigen sich denn befänden, antwortet sie, sie weiß es nicht. Keine Teegärten auf dem Doi Tung? Ich lebe seit über 20 Jahren in Nordthailand, wundern tut mich eigentlich nichts mehr, aber das hätte ich nun doch nicht erwartet. Dennoch, so schnell würde ich nicht aufgeben.
Den Kernbereich des Projektzentrums bilden eine Reihe touristischer Sehenswürdigkeiten, für deren Besuch ich ein paar Stunden für den Vormittag des folgenden Tages einplane:
- die Royal Villa, den hiesigen Palast der thailändischen Königsfamilie, welcher insbesondere von der Mutter des seit 1946 amtierenden Königs häufig besucht wurde, deren Bildnis in den Geschäften und privaten Haushalten rund um den Doi Tung allgegenwärtig ist.
- der von der königlichen Mutter selbst geplante und intensiv geförderte königliche Blumengarten.
- die sogenannte „Hall of Inspiration“, in der Artefakte, Kunstwerke und moderne Foto/Licht- und Videomontagen zum königlichen Entwicklungsprojekt auf dem Doi Tung sowie aus dem Leben der Mitglieder der königlichen Familie zu sehen sind.
- ein „Hilltribe“-Market, auf dem Angehörige der verschiedenen hier ansässigen Bergvölker ihre typischen Waren veräußern.
- ein Arboretum
Daneben gibt es eine Anzahl von Souvenir-Shops und Läden, in denen unter der Schirmherrschaft des Projektes angebaute und weiterverarbeitete Produkte angebaut werden, eine „Batterie“ von Geldautomaten, die in erster Linie wegen ihrer „optischen Abgehobenheit“ erwähnenswert ist, und das zur Anlage gehörige Restaurant, das nebst thailändischen Gerichten auch eine Reihe westlicher Standards anbietet. Selbst eine gute Flasche Wein bekommt man hier, und die Preise sind trotz der lokalen Monopolstellung des Restaurants durchaus moderat.
Mittlerweile ist es Abend geworden. Ich würde gerne noch den Hilltribe-Markt besuchen, finde diesen aber bereits geschlossen und vertage ihn somit ebenfalls auf den nächsten Tag. Unterwegs stoße ich auf ein Dorf des hier ansässigen Bergstammes der Akha. Die Leute, die hier leben, mögen vergleichsweise arm sein und ihr tägliches Brot mit ihrer Hände Arbeit verdienen müssen, aber sie haben eine der fantastischsten Panoramen vor der Haustür, das man sich nur erträumen kann.
Ich verbringe einen entspannten restlichen Abend, den ich im anlageneigenen Restaurant bei einem Glas Wein beginne und auf dem Balkon meines Zimmers beende. Alternativen hierzu gibt es auf dem Doi Tung nicht, aber auch dies hat eine sehr positive Seite: die herrliche Stille und der Frieden um mich herum.
Tag 2: Die Sehenswürdigkeiten des Doi Tung
Mein erster Morgen auf dem Doi Tung beginnt mit einem ausgiebigen Frühstück in einem anlageneigenen Cafe, in dem begleitend lokal angebauter Doi Tung Kaffee, eine weitere der Initiative des Königlichen Entwicklungsprojekts zu verdankende Segnung, ausgeschenkt wird. Der hervorragende Kaffee tröstet mich ein wenig darüber hinweg, dass es auch hier keinen Tee gibt und ich der Erfüllung meiner Hauptmission auf dieser Reise, die Teegärten des Doi Tung aufzustöbern, auch sonst noch sonst keinen Millimeter näher gekommen bin. Fest entschlossen, das Ziel weiter im Auge zu behalten sowie so oder so eine gute Zeit zu verbringen, mache ich mich an meine Besichtigungstour der lokalen Sehenswürdigkeiten. Das „Joint Ticket“, eine Sammeleintrittskarte für alle oben genannten Attraktionen, schlägt vor mit der Royal Villa zu beginnen.
Die Royal Villa
Das erste, was nach dem Zurücklegen des 500 m langen Fußweges zur Royal Villa ins Auge sticht, ist, dass es sich bei dem hiesigen Palast der königlichen Familie keineswegs um etwas handelt, das der Vorstellung, die wir uns gewöhnlich von Palästen machen, auch nur nahe kommt. „Villa“ trifft es schon sehr viel besser, und, um ehrlich zu sein, von außen wirkt die königliche Villa selbst für eine solche eher bescheiden. Pracht wird eigentlich nur von den die Villa umgebenden Gartenanlagen ausgestrahlt, von diesen dafür umso üppiger. Es wird offensichtlich, dass die Mutter des Königs, die viel Zeit hier verbrachte, eine tiefe Leidenschaft für das kunstvolle Arrangement von Blumen und Grünpflanzen empfand und pflegte.
Am Eingang bekomme ich einen Kopfhörer und ein Abspielgerät. Die Schuhe sind auszuziehen. Man fragt mich nach meiner Nationalität, und stellt meinen Player, nachdem ich mich als Deutscher („Khon Jörman“) geoutet habe, auf deutsche Sprache ein. Drinnen ist das Fotografieren verboten, Kameras müssen für die Zeit des Rundgangs durchs Haus abgegeben werden. Fotos aus dem Inneren der Royal Villa und von den Privaträumen der königlichen Familie muss dieser Bericht seinem Leser daher schuldig bleiben. Letztere bleiben aus Gründen des Respekts vor der königlichen Familie allerdings auch dem Besucher verborgen. Während das Abspielgerät mir über den Kopfhörer Auszüge aus der Geschichte des königlichen Entwicklungsprojektes und dem Leben der königlichen Mutter erzählt, durchschreite ich eine Eingangshalle, dann eine Empfangshalle, dann darf ich noch einen Blick in die beeindruckend weitläufige königliche Küche werfen, dann führt der vorgeschriebene Weg bereits wieder hinaus in den Garten. Wie auf Kommando ist auch das Abspielgerät am Ende seiner Ausführungen angelangt und wird auch sogleich eingesammelt. Ich laufe weiter durch die Gartenanlagen der Villa in Richtung Ausgang und stelle fest, dass der allgegenwärtige Respekt und die Ehrerbietung, die das thailändische Volk ihrer königlichen Familie entgegenbringt, mich weit mehr beeindruckt als einer der üblichen Prachtbauten dies vermocht hätte. Eine Art von Ehrfurcht hat Besitz von mir ergriffen, die mich auch auf den weiteren Etappen meiner Besichtigungstour durch das königliche Schaffen auf dem Doi Tung begleiten soll. Dass ich nicht mehr auf „königlichem Boden“ bin, merke ich erst, als ich feststelle, dass ich der einzige Besucher bin, der seine Schuhe immer noch in der Hand trägt.
Mae Fah Luang Flower Garden
Die nächste Station ist der Mae Fah Lung Flower Garden, der von der königlichen Mutter inspirierte und entwickelte Blumengarten, auf den der Garten der Royal Villa nur ein kleiner Vorgeschmack war.
Das Foto zeigt lediglich den Kern-Park, um den sich eine Vielzahl von Pflanzenkunstwerken, Biotopen und verschiedenen Pflanzengattungen gewidmeten Bereichen gruppieren. In einer hauseigenen Pflanzenschule, einem weitläufigen, zur Anlage gehörigen Gewächshaus, werden Pflanzen aus Samen und Ablegern herangezogen und dann entweder im Blumengarten verarbeitet oder im Pflanzenshop des Projekts (s.o.) verkauft.
Die aus Grünpflanzen und Blumen mit Hilfe hölzerner Gerüste erstellten Skulpturen lassen darauf schließen, dass hier nicht nur ein kleines Heer von Landschaftsgärtnern am Werk ist, sondern zumindest einige von diesen wahre Künstler sind.
Leider können meine Fotos hier nur den Hauch eines Eindrucks dessen vermitteln, den dieses Garten-Gesamtkunstwerk bei mir hinterlässt, und sicherlich auch nur einen Anflug des Staunens hervorrufen, aus dem man als Besucher vor Ort gar nicht mehr herauskommt.
Allein diese Skulpturen, lebendige und somit in gewisser Weise auch veränderliche Kunstwerke, lohnen bereits den Rundgang. Aber auch andere Objekte, Reminiszenzen an die alte Lanna-Kultur Nordthailands und Philosophie des königlichen Entwicklungsprojekts, fügen sich nahtlos in das Grün.
Als ganz besonderes Highlight empfinde ich die immense Sammlung an Orchideen. Auch dieser reiche Schatz der verschiedensten Arten dieser vielseitigen Pflanzengattung wurde hier natürlich in künstlerischer Weise nach ästhetischen Kriterien zusammengestellt.
Insgeheim hatte ich gehofft, hier angesichts der reichen Vielfalt exotischer Blumen und Grünpflanzen, die ja sonst eher wenig zu wünschen übrig lässt, auch ein kleines Tee-Gärtchen oder wenigstens einige lebende Exponate als Vertreter der Gattung Camellia Sinensis zu finden, aber auch hier Fehlanzeige: nicht ein einziges Tee-Bäumlein, -Sträuchlein oder auch nur Blättlein ziert den königlichen Blumengarten. Sollte sich „Doi Tung Tee“ am Ende doch nur als eine Legende erweisen?
Die Hall of Inspiration
Ich nehme die dritte Etappe meiner Besichtigungstour in Angriff, die „Hall of Inspiration“. Diese entpuppt sich als eine Raum-für-Raum-Ausstellung von Artefakten, kombinierten Foto-, Video- und Beleuchtungsmontagen sowie Informationsmaterialien rund um die Geschichte und Entwicklung des königlichen Entwicklungsprojektes, des Projektzentrums auf dem Doi Tung und der thailändischen königlichen Familie. Hinsichtlich der lokalen gesellschaftlichen und ökonomischen Hintergründe gerade hier auf dem Doi Tung stehen die Themen gezielter Anbau einer Vielfalt nachhaltiger Cash-Crops anstatt von Monokultur und Slash & Burn-Agriculture, Hilfe zur Selbsthilfe und Substitution des als sozial und wirtschaftlich schädlich erachteten Opiumanbaus durch nachhaltige und alternative Einkommensquellen.
Die Botschaften werden hierbei nicht nur in transzendenter Form über Bildmaterialien und künstlerischen Ausdruck vermittelt, sondern auch ganz konkret in Form historischer Videodokumentationen (gezeigt wird u. a. Adrian Cowells Film „The Heroin Wars“) und in Form von Textbotschaften auf Tafeln.
Ein weiterer Fokus der Ausstellung ist das Leben und Werk der königlichen Mutter, Prinzessin Srinagarindra, oder, mit bürgerlichem Namen Mom Sangwan, die sich mit viel Herz und persönlichem Engagement besonders um die Entwicklung auf dem Doi Tung verdient gemacht hat und von der lokalen Bevölkerung gleich einer Heiligen verehrt wird.
Der Besuch dieser drei Zeugnisse vom Engagement der königlichen Familie hier auf dem Doi Tung und überall im Land hat einen tiefen Eindruck, geprägt von Respekt und Ehrfurcht, bei mir hinterlassen. Der hier vermittelte Einblick in die jüngere Geschichte Thailands verhilft mir zudem zu einem Verständnis der Verehrung, die dem thailändischen Königshaus überall im Land und quer durch alle Bevölkerungsschichten zuteilwird.
Nur Hinweise auf den vom königlichen Entwicklungsprojekt angeregten und organisierten Tee-Anbau habe ich auch in der Hall of Inspiration keine gefunden, obwohl ich natürlich gerade in der Substitution der Opiumfelder durch Tee-Gärten ein großes Potential für wahre Inspiration sehe.
Der Doi Tung Hilltribe-Basar
Der vierte Teil meiner Besichtigungstour, der Besuch des Doi Tung Hilltribe-Basars, verspricht ein eher lockerer Programmpunkt zu werden. Da ich die für die Region typischen Produkte der hier ansässigen Bergvölker bereits auf vielen Märkten Nordthailands gesehen habe, verspreche ich mir hiervon eigentlich nichts wirklich Neues.
Nun, auf den ersten Blick ist alles wie ich es erwartet habe: nebst ihren agrarischen Erzeugnissen bieten die hier vertretenen Bergstämme, vor allem Lisor, Muser und Ahka, ihren traditionellen Silberschmuck sowie die typische Vielfalt an Web- und anderen Handarbeiten an. Dazu kommen lokale Souvenirs wie Doi-Tung-T-Shirts, Doi Tung-Schlüsselanhänger und dergleichen.
Aber gerade hier wartet die große Überraschung auf mich, die mich auch der eigentlichen Mission meiner Reise ein gutes Stück näher bringen soll: ein leibhaftiger Tee-Shop!
Nur allzu gern lasse ich mich auf eine Verkostung der lokalen Versionen des Ruan Zhi Oolong Nr. 17 und des Jin Xuan Oolong Nr. 12 einladen. Die freundliche junge Verkäuferin erklärt mir, dass Tee auf dem Doi Tung unter der Schirmherrschaft des Königlichen Entwicklungsprojekts angebaut wird. Hierbei hilft das Projekt den Bauern nicht nur mit Know-How, günstigen Krediten und aus Taiwan eingeführten Teepflanzen bei der Umstellung in der Erzeugung, sondern leistet mit projekteigenen Einrichtungen auch aktive Unterstützung bei der Verarbeitung und dem Vertrieb des Tees. Letzteres geschieht in der Form, dass das Projekt den Bauern gegenüber eine Abnahmegarantie zu einem Mindestpreis leistet und sich dann selbst im den Vertrieb auf dem internationalen Markt bemüht. Eine Bedingung der Abnahme durch das Projekt ist jedoch 100% organischer Anbau, das heißt vollkommener Verzicht auf künstliche Düngemittel, Unkrautvernichtungsmittel und Pestizide.
Meine weitere Befragung ergibt, dass das Mädchen selbst Tochter eines Tee-Bauern auf dem Doi Tung ist und hier, sowie in einem weiteren, in ihrem kleinen Dorf gelegenen Tee-Laden die Produkte ihres Familienbetriebs verkauft. Natürlich kann sie den Kontakt zu ihrem Vater herstellen, und natürlich kann ich dort organisch angebaute Doi Tung-Tees einkaufen. Und natürlich weiß sie, wo die Tee-Gärten ihres Vaters und der anderen Tee-Erzeuger ihres Dorfes liegen! Auf meinen Wunsch arrangiert sie, dass ich am nächsten Morgen von einem ihrer Brüder abgeholt und zu den Teegärten gebracht werde. Damit ist das Tagesziel ist erreicht und ich verbringe den Rest dieses Tages als unbedarfter Tourist auf dem Doi Tung. Dass ich in meiner Begeisterung darüber, endlich Tee-Gärten gefunden zu haben, das Arboretum völlig vergessen habe, fällt mir erst viel später ein. Nun, ich werde nicht zum letzten Mal hier sein.
Tag 3: Die Tee-Gärten des Doi Tung
Am nächsten Morgen werde ich wie vereinbart abgeholt und nach etwa 1 Stunde Motorrad-Trekking (überwiegend Off-Road) erreichen wir die Tee-Gärten des kleinen, von Shan, Chinesen und Bergleuten bewohnten Dörfchens Ban Si Phan Rai.
Auf einem Trampelpfad, der während der Regenzeit eine Katastrophe sein muss, fahren wir mit unseren Mopeds von Teegarten zu Teegarten, einer schöner anzusehn als der andere.
Wir haben das Glück, denn wir sind genau in der Zeit hier, in der die Tee-Pflanzen hier in voller Blüte stehen. Dies ist nur einmal im Jahr und nur für kurze Zeit der Fall.
Wer schon einmal versucht hat, Tee-Hänge zu fotografieren, kennt das Dilemma: da man von oben herunter meist kein rechtes Foto bekommt, sind gute Aufnahmen in der Regel mit viel beschwerlichem Herauf- und Herunterklettern verbunden, immer auf der Suche nach der perfekten Position. Zum Glück wird man von immer wieder neuen Panoramen und Perspektiven in reicher Fülle für seine Anstrengungen belohnt.
Erstaunlich sind auch die zahlreichen Gestaltungsformen der verschiedenen Tee-Gärten. Es ist als habe jeder Tee-Bauer seine ganz eigene Vorstellung davon, wie sein Tee-Garten auszusehen habe.
Ich treffe hier auch auf etwas, was ich so zuvor noch nicht gesehen habe: obwohl vereinzelt an Tee-Hängen und auf ebenen Anbauflächen herumstehende Bäume durchaus zum Bild gehören, gibt es hier regelrecht „bewaldete“ Tee-Gärten, wo die Tee-Pflanzen im (Halb-) Schatten einer nicht allzu dichten, aber doch bereits die Bezeichnung Wald verdienenden Decke von Baumkronen gedeihen. Ich bin sicher, dass der so gewonnene Tee ganz besondere Charakteristika aufweist und beschließe, dem bei nächster Gelegenheit auf den Grund zu gehen.
Nachdem wir eine Reihe von Tee-Gärten „abgeklappert“ haben, stößt der Vater der jungen Tee-Verkäuferin auf dem Doi Tung Hilltribe-Basar und meines „Teegarten-Führers“ zu uns. Er hat gehört, dass ich plane Tee von ihm zu kaufen und möchte es sich nun nicht nehmen lassen, mir seine eigenen Tee-Gärten selbst zu zeigen. Wir fahren noch ein Stück weiter auf dem Weg, den wir gekommen sind, dann sind wir da. Diese 4 Rai (1 Rai = 40 x 40 m) sind nicht sein ganzer Stolz, er besitzt noch weitere zwei, allerings etwas kleinere Teegärten.
Der Tee-Bauer erklärt uns, dass dieser Teegarten in den nächsten Tagen beerntet werden wird. Die meisten Ästchen der Tee-Pflanzen haben kräftige Triebe, deren beiden oberen Blätter noch ein besonderes intensives frisches Grün aufweisen, während der oberste Spross bereits erkennen lässt, dass er bald zum Teeblatt werden würde, wenn man ihn denn ließe.
Man lässt ihn nicht, man will den feinen Tee gerade dieser frischen Knospen ernten, verarbeiten und genießen. Eine saubere Handpflückung ausschließlich solcher Spitzen ergibt die Tee-Qualitäten, die heute angesichts einer Flut an maschinengeernteten Massentees häufig auch als „Boutique-Tees“ bezeichnet werden.
45 Tage braucht die Teepflanze, bis sie an jedem beernteten Ast einen neuen, gleichwertigen Trieb erzeugt hat und damit reif für die nächste Pflückung ist. Während des hiesigen Winters legt die Teepflanze eine 3- bis 4-monatige Pause ein. In diese Zeit fällt die touristische Hochsaison in Nordthailand und auf dem Doi Tung, so dass der Bauer und seine Familie sich ganz auf den Verkauf der eingebrachten Ernten konzentrieren können. Ich erfahre, dass Menschen aus Japan, China und Taiwan hierher kommen, um Tee zu kaufen. Eine starke Referenz.
Die Nacht verbringe ich diesmal in einem netten kleinen Resort unweit von Ban Si Phan Rai und der Amphoe Mae Fah Luang, dem „Phutarn Resort“. Die Anlage liegt an einem Fluss mit eigenem Restaurant und Flussterasse und bietet gemütliche Bambushütten, die von außen etwas windschief aussehen, innen aber von Satelliten-TV über Minibar bis zum schicken eigenen Bad alles haben, was man sich für 10 Euro pro Übernachtung wünschen kann.
Am Nachmittag, wenn der Hilltribe-Basar auf dem Doi Tung seine Türen schließt, fährt die Teeshop-Verkäuferin mit ihrem Motorrad nach Hause und öffnet in einem kleinen Marktflecken in der Nähe der Amphoe Mae Fah Luang ihren zweiten Shop, den sie bis in den späten Abend hinein betreibt. Dort verkoste ich an diesem Abend noch den Tee der letzten Ernte der Familie und gebe bei „Papa“ meine Bestellung auf, wobei ich mit dem Bauern vereinbare, diese der Ernte des Tee-Gartens zu entnehmen, den wir heute gemeinsam angeschaut haben und dessen Beerntung er für die nächsten Tage angekündigt hat.
Mit einem guten Päckchen des hiesigen Ruan Zhi Oolong Nr. 17 bestückt, damit mir die Zeit bis zur Lieferung nicht zu lange wird, trete ich am nächsten Morgen die Rückreise nach Chiang Rai und von dort nach Chiang Mai an.
Lesen Sie auch den ersten Teil unserer Doi-Tung-Dokumentation, Mohnfelder zu Teegärten – Die Königlichen Entwicklungsprojekte.