Die Kleine Teeschule, Lektion 8/4 : Teeverarbeitung (4) – Oolong Tee Verarbeitung

Was ist Oolong Tee?

Die zweite der 6 chinesischen Tee-Verarbeitungskategorien, die wir in den Lektionen 8.1 und 8.2 kennengelernt haben, ist der Oolong Tee. Das wichtigste Merkmal der Teesorten dieser Kategorie ist die Teiloxidation der Teeblätter in der Verarbeitung.

Die Methode gilt als die komplexeste der 6 Tee-Verarbeitungskategorien. Dies liegt zum einen daran dass „Teiloxidation“ den gesamten Bereich an Oxidationsgraden zwischen 10% und 90% Prozent abdeckt. Zum anderen folgen dem Oxidationsstopp je nach Sorte und Herkunft verschiedenartige weitere Verarbeitungsschritte, wie beispielsweise eine oder mehrere Röstungen. Dementsprechend können Oolong Tees sehr verschiedenartig sein – und schmecken!

Um die Entstehung der Oolong Tee Verarbeitung ranken sich eine ganze Reihe von Mythen und Legenden. Da der Wahrheitsgehalt dieser – zudem an anderer Stelle vielfach zitierten – Legenden letztlich im Nebel der Geschickte versinkt, wollen wir uns hier auf das historisch Verbriefte beschränken.

4 Herkunftsregionen - 4 Arten von Oolong Tee
4 Herkunftsregionen – 4 Arten von Oolong Tee

Geschichte der Oolong-Tee-Verarbeitung

Die Geschichte der Teiloxidation von Teeblättern geht zurück bis in die Zeit der Song-Dynastie (960-1279 AD). Seinerzeit betrieb der kaiserliche Hof einen Teegarten in Beiyuan, Fujian, etwa 120 km nordöstlich von Wuyishan. Die zeitgemäß in Fladenform gepressten „Dragon“- und „Phoenix“-Tees des Teegartens gehörten für lange Zeit zu den wichtigsten kaiserlichen Tribut-Tees. Zu Zeiten der Tang-Dynastie (618 – 907) verschoben die Präferenzen am kaiserlichen Hof sich dann zugunsten von losem Blatt-Tee, welcher als Folge hiervon den gepressten Tee zunehmend verdrängte.

Auch in Beiyuan begann man nun mit der Herstellung loser „Dragon & Phoenix“-Tees.  Während der Beiyuan-Teegarten selbst in der Folgezeit seinen Niedergang sah, fand die Methode der Teiloxidation bald Nachahmung in angrenzenden Regionen. Ob der Begriff „Oolong Tee“ schließlich in Wuyishan oder in Anxi geprägt wurde, darüber streiten die beiden Tee-Regionen sich bis heute. Jedenfalls bedeutet „wu-long“ so viel wie „schwarzer Drache“, was einerseits auf die typische Erscheinungsform der Blätter von Wuyi Oolong Tees hindeutet und andererseits den Bezug zum Beiyuan-Tee nahelegt.

Vier klassische Herkunftsregionen von Oolong Tee

4 klassische Herkunftsregionen von Oolong Tee
4 klassische Herkunftsregionen von Oolong Tee

Aus dem oben beschriebenen historischen Verlauf ergeben sich schließlich die folgenden 4 klassischen Herkunftsregionen von Oolong Tee:

In Tee-Erzeugerländern außerhalb Chinas blieb die Methode der Oolong Tee Verarbeitung lange Zeit unbeachtet. Ansätze hierzu gibt es heute beispielsweise jedoch auch in Darjeeling, Japan, Nordthailand und Vietnam.

Überblick über die Verarbeitungsschritte

Wir wollen nun die Oolong Tee Verarbeitung Schritt für Schritt betrachten.

Oolong Tee Verarbeitung - Schritt für Schritt mit Kommentaren, graphische Übersicht
Teeverarbeitung – Oolong Tee
Schaubild zum Vergößern klicken

1. Welken

Typischerweise welken die frisch gepflückten Teeblätter bei der Verarbeitung von Oolong Tee zunächst für einige Stunden ausgebreitet in der Sonne. Hierauf folgt eine zweite Phase des Welkens im Inneren der Verarbeitungshalle. Sowohl beim Welken im Freien als auch in der Halle ist es wichtig, dass Luft ungehindert an die Teeblätter gelangt, so dass erste  Oxidationsprozesse einsetzen und gleichmäßig einwirken können. Traditionell finden in China hierzu große, runde Bambus-Tabletts Verwendung.

Wie schon bei der Verarbeitung von grünem Tee dient das Welken zunächst einmal einer erhöhten Geschmeidigkeit des Teeblatts durch Wasserverlust. Ist der für den zweiten Verarbeitungsschritt erforderliche Grad an Geschmeidigkeit erreicht, geht das Welken der Teeblätter nahtlos in diesen über.

Oolong Tee Verarbeitung - Welken, Oxidieren, Rösten, Rollen
Oolong Tee Verarbeitung – Welken, Oxidieren, Rösten, Rollen

2. Aufbrechen der Blattoberflächen

Während des Indoor-Welkens beginnt der zweite Verarbeitungsschritt, das Aufbrechen der Blattoberflächen. Was bei der Verarbeitung von grünem Tee sorgsam zu vermeiden ist, ist bei der Oolong Tee Verarbeitung geradezu essentiell. Hier erreicht man durch ständiges Verwirbeln und  Gegeneinanderreiben der Teeblätter mit kontrollierter manueller Kraftausübung ein Aufbrechen der Blattstrukturen, ohne das Blatt selbst zu zerstören.

An den Bruchstellen treten Teesäfte aus, die mit dem Sauerstoff aus der Luft reagieren. Dies zeigt sich in einer initial rötlich-braunen Färbung der Bruchstellen. Im weiteren Verlauf der Verarbeitung ändert sich diese Verfärbung dann hin zum Bläulichen. Dies hat der Verarbeitungskategorie auch die geläufige Bezeichnung „blauer Tee“ eingebracht.

Die auf diese Weise beschleunigten Oxidationsprozesse an Teilen der Blattoberfläche sind prägend für den Geschmack des fertigen Oolong Tees. Wie wir oben gesehen haben, setzt die Oxidation bei der Verarbeitung von Oolong Tee bereits während des Welkens ein. Um möglichst gleichmäßige Prozesse zu ermöglichen, wird der Teemeister die Blätter während der Oxidationsphase immer wieder neu verwirbeln. Durch andauernde sensorische Prüfung (Erscheinungsbild, Duft, Haptik)  entscheidet er schließlich auch, wann der gewünschte Oxidationsgrad erreicht ist.

Tie Luo Han Wuyi Oolong
Tie Luo Han Wuyi Oolong

3. Teiloxidation

Der angestrebte Oxidationsgrad einer bestimmten Oolong-Teesorte ist keine rechnerisch ermittelbare oder anderweitig vorgegebene Größe. Vielmehr hat sich das ungefähre Oxidationsniveau bekannter Oolong Tee-Sorten in den klassischen Herkunftsregionen im Laufe der Zeit etabliert. Dies in China über Jahrhunderte, in Taiwan mithilfe großangelegter Versuchsreihen über Jahrzehnte. Dennoch gibt es keinen dogmatisch definierten Oxidationsgrad für eine bestimmten Oolong Tee-Sorte. So bleibt der genaue Punkt des Oxidationsstopps letztlich immer dem Feingefühl des Teemeisters überlassen.

Regionale Beispiele hierfür liegen auf der Hand. In Anxi beispielsweise tendierte man früher zu stärker oxidierten Tie Guan Yin Oolong Tees. Heute dagegen weist der größte Teil des Tie Guan Yin auf dem Markt nur einen sehr geringen Oxidationsgrad auf. Die damit einhergehende Entwicklung in der Verarbeitung von Tie Guan Yin Oolong orientiert sich nicht zuletzt auch an den – tatsächlichen sowie antizipierten – Präferenzen des Endkunden. Für Wuyi Oolong Tees sowie auch für Dancong Oolong Tees aus Guangdong sind dagegen von jeher Oxidationsgrade im oberen Drittel der Skala typisch. Und Taiwan deckt mit seiner Vielfalt verschiedenster Oolong Tees zwar die ganze Skala ab, dennoch ist auch hier für bestimmte Sorten meist auch ein bestimmtes Oxidationsniveau charakteristisch.

Dancong Oolong Tee, Fenghuangshan,
Dancong Oolong Tee, Fenghuangshan, Guangdong

4. Oxidationsstopp

Nach Erreichen des gewünschten Oxidationsgrads folgt der Oxidationsstopp (chin. 殺青 sha-qing). Hierbei bewirkt man zunächst durch Hitzeeinwirkung die Degeneration der Enzyme im Teeblatt. Diese verlieren als Folge ihre Reaktionsfähigkeit, so dass die enzymatischen Reaktionen der Säfte im Teeblatt und an der Blattoberfläche zum Halt kommen. Der Oxidationsgrad ist nun quasi „fixiert“, weshalb man diesen Verarbeitungsschritt häufig auch als „Fixieren“ der Teeblätter bezeichnet.

Die älteste Form des Fixierens ist das Erhitzen der Teeblätter in der Wok-Pfanne über dem Holzkohle-Feuer. Heute wird diese Methode aber immer mehr von modernen Rotations- und Umluftöfen verdrängt.

5. Rollen

Auch die Form, welche die Teeblätter bei der Verarbeitung zu Oolong typischerweise beim Rollen erhalten, variiert je nach Herkunftsregion – und von Sorte zu Sorte. So kommen Oolong Tees aus Wuyishan und Guangdong meist als offen gerolltes, leicht gekräuseltes Blatt daher. Tie Guan Yin Oolong Tees aus Anxi und sehr viele taiwanesische Oolong Tees dagegen haben meist eine zur Kugel gerollte Form.

Zum Rollen dreht man die Teeblätter zunächst in einem Tuch zu einem möglichst festen Ballen. Dieser Ballen wird dann – manuell oder maschinell – so lange gewalkt und geknetet, bis die Teeblätter die gewünschte Form annehmen.  

Das Rollen der Teeblätter dient keineswegs nur ästhetischen Zwecken. Vielmehr handelt es sich um einen äußerst sensiblen Prozess, der wesentlichen Einfluss auf den Geschmack des fertigen Tees hat. Es geht dabei nämlich darum, verbleibende Zellwände und -Strukturen im Teeblatt endgültig aufzuheben und eine gleichmäßige Verteilung der Säfte im Teeblatt zu fördern. Die beim Rollen entstehende Form erfährt im darauf folgenden Verarbeitungsschritt, dem Trocknen, eine dauerhafte Festigung.

Oriental Beauty Oolong (Taiwan)
Oriental Beauty Oolong (Taiwan)

6. Rösten / Trocknen

Während der bisherigen Verarbeitungsschritte haben die Teeblätter fortwährend an Feuchtigkeit verloren. Im Interesse guter Haltbarkeit und der nachhaltigen Konservierung von Geschmack und Aroma ist es aber notwendig, dass nicht mehr als eine minimale Restfeuchte in den Blättern verbleibt. Deshalb steht am Ende der Verarbeitung (nicht nur) von Oolong Tee eine Endtrocknung. Hierbei gibt es zwei verschiedene Grundtypen: die Rösttrocknung und die Lufttrocknung.

Ob ein Oolong Tee geröstet wird, wie genau und wie oft, ist von Region zu Region und von Sorte zu Sorte verschieden.  So ist das Rösten über dem Holzkohlefeuer sowohl für Wuyi-Oolongs als auch Dancong-Oolong Tees (Guangdong) ein charakteristisches, den typischen Geschmack dieser Tees stark prägendes Merkmal. Hierbei wechseln sich Rösten und Rollen bei der Oolong Tee Verarbeitung in der Praxis meist mehrfach ab. In Anxi ist beides verbreitet, geröstete und ungeröstete Oolong Tees. Während das Rösten dort früher auch für Tie Guan Yin Tees typisch war, überwiegt beim modernen, nur leicht oxidierten TGY die luftgetrocknete Variante. Und auch in Taiwan gibt  es heute alle Variationen gerösteter wie luftgetrockneter Oolong Tees.

Und noch etwas Werbung in eigener Sache…

Gefällt dir dieser Beitrag? Dann unterstütze die die Pflege und Weiterentwicklung von TeeKolleg Online und der Kleinen Teeschule durch deinen Einkauf im

Siam Tee Shop
Logo klicken zum Shop
  • Sorten-, garten- und erntereine Teesorten aus aller Welt
  • Handgepflückte Tees auf höchstem Qualitätsniveau
  • Große Auswahl wilder und biodivers kultivierter Teesorten
  • Reiches Angebot an echten Artisan-Tees
  • Informative Produktseiten und Blogartikel
  • Reiche Illustration und Anleitung
  • Beispielloser Kundenservice