Die Kleine Teeschule, Lektion 9/1 : Teezubereitung (1) – Parameter der Teezubereitung

Die kleine Teeschule - Das ABC vom TEE, Lektion 9/1 : Teezubereitung - Parameter der Teezubereiung

1. Teezubereitung – Individueller Geschmack und situativer Kontext

Ein großer Teil der Komplexität des Themas „Teezubereitung“ ist der Tatsache geschuldet, dass es individuelle Geschmäcker so viele gibt wie Menschen auf der Erde. Genau genommen sogar noch viel mehr… Denn die ein und selbe Person wird den gleichen Geschmack zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich bewerten. Die erste Erkenntnis, die es hier zu gewinnen gilt, ist deshalb, dass es den „bestmöglichen“ Geschmack eines Tees – und damit dessen „richtige“ Zubereitung – als objektiven, verallgemeinerbaren Begriff gar nicht gibt.

Die richtige Zubereitung eines Tees ist also zum einen immer an den individuellen Geschmack der Person/en gebunden, für die er zubereitet wird. Zum anderen spielen auch der jeweilige situative Kontext und die von diesem geprägte Wahrnehmung eine wichtige Rolle.  „Richtig zubereitet“ ist dein Tee demnach dann, wenn er dir – oder der/den Person/en, für die du ihn zubereitet, gut schmeckt.

Parameter der Teezubereitung - Schaubild
Parameter der Teezubereitung

Was banal klingen mag, ist in der Praxis gar nicht so einfach… Zwei Dinge helfen dir, einen Tee ohne endloses Herumexperimentieren so zuzubereiten, dass er dir und/oder einer spezifischen Zielgruppe gut schmecken wird. Dies ist zum einen das Wissen um die Parameter der Teezubereitung und darum, wie deren Veränderung sich auf den Geschmack eines Tees auswirkt. Zum anderen gibt es etablierte Standards der Tee-Zubereitung, an denen man sich als Ausgangspunkt für die Erforschung einer Teesorte orientieren kann.

Die wichtigsten Parameter der Teezubereitung sind das verwendete Wasser, die Dosierung, die Aufgusstemperatur und die Ziehdauer. Eine Rolle für den Geschmack des Tees spielen weiter auch die  Form und das Material der verwendeten Gefäße.

2. Parameter der Teezubereitung

2.1. Wasser

Bei der Frage, welches Wasser für die Zubereitung von Tee egal welcher Sorte am besten geeignet ist, gilt als Faustregel: je weicher desto besser. Weiches Wasser, das bedeutet, Wasser mit möglichst geringem Kalkgehalt. Grund hierfür ist zum einen, dass Wasser mit einem geringen Gehalt an Calcium/Magnesium-Kohlendioxyd-Verbindungen per se besser schmeckt. Zum anderen bindet der im Wasser enthaltene Kalk aus dem Teeblatt extrahierte Aminosäuren, die für den Geschmack des Tees von essentieller Bedeutung sind. Das heißt, je mehr von ihnen gebunden werden, desto „flacher“ wird der Geschmack des Tees, und umgekehrt. Besonders deutlich wird dieser Effekt bei der Zubereitung von grünem Tee.

Als Faustregel gilt: Wasser mit einem Härtegrad unter 10 °dH (Grad deutscher Härte“) ist zur Teezubereitung geeignet. Wasser mit einem Härtegrad über 10 °dH dagegen eher nicht. So finden wir gutes Teewasser beispielsweise an den folgenden Orten:

  • Bonn (5,8 °dH)
  • Bochum (6,7 °dH)
  • Hamburg (7 °dH)
  • Essen (7,1 °dH)
  • Dortmund (7,9 °dH)

Mit deutlich weniger brauchbarem Wasser gesegnet sind deutsche Teeliebhaber dagegen beispielsweise hier:

  • Mücheln (Geiseltal) in Sachsen-Anhalt (45,15 °dH)
  • Wolfsburg-Vorsfelde (44,80 °dH)
  • Saarbrücken (27,7 °dH)
  • Frankfurt am Main (24,72 °dH)
  • Berlin (19,5 °dH)
Wasserwerte des SiamTee-Standorts : verfügbar auf der Webseite des örtlichen Wasserwerks
Wasserhärte am SiamTee-Standort gemäß Webseite der örtlichen Wasserwerke

Aber auch, wo die Qualität des Leitungswassers dessen Verwendung für die Teezubereitung nicht erlaubt, gibt es Abhilfemöglichkeiten. Die günstigste von diesen ist wohl die Verwendung eines haushalts- und handelsüblichen Wasserfilters. Wem das nicht reicht, der kann praktisch vollständig entkalktes Wasser mittels einer einfachen Reverse-Osmosis-Anlage erzeugen. Das mag ein wenig „geeky“ klingen, aber es gibt durchaus Tee-Liebhaber, denen es den Aufwand wert ist. Eine dritte und aufgrund der damit verbundenen Kosten nicht unbedingt attraktive Option wäre dann noch der Kauf von kalkarmem Wasser im Supermarkt.

2.1.2. Bestimmung der Wasserhärte

Wie hart das Wasser an deinem Wohnort ist, verrät dir dabei das für diesen zuständige Wasserwerk oder dessen Webseite. Alternativ hierzu kannst du Teststreifen verwenden, wie sie in jeder Apotheke erhältlich sind.

Tipp: Wichtig ist außerdem die Verwendung von frischem, lebendigem (im Kontrast zu abgestandenem) Wasser. Unterm Strich mit die besten Eigenschaften für die Teezubereitung besitzt deshalb frisches Quellwasser.

2.2. Dosierung

Die Dosierung reflektiert das Verhältnis von Wassermenge zum Gewicht an Teeblättern in einem Aufguss. Dabei folgt der Effekt einer naheliegenden Logik: je höher der Anteil an Teeblättern, desto intensiver der Geschmack des resultierenden Tees. Besonders interessant ist dabei die Wechselwirkung mit einem anderen Parameter der Teezubereitung, der Ziehdauer. Denn je höher die Dosierung gewählt wird, desto kürzer muss der Tee ziehen, um Geschmack zu haben.

Dennoch ist der geschmackliche Effekt einer Erhöhung der Teeblattmenge nicht der gleiche wie der einer Verlängerung der Ziehdauer. Das liegt daran, dass sich nicht alle Geschmacks- und Inhaltsstoffe gleich schnell aus dem Teeblatt lösen. Vielmehr erfolgt dies für unterschiedliche Inhaltsstoffe bei unterschiedlicher Temperatur unterschiedlich schnell. Deshalb eröffnet sich in dieser Wechselwirkung ein besonders interessanter Spielraum für eigene Experimente.

Ein gutes Beispiel hierfür sind die Bitterstoffe im grünen Tee. Deren Extraktion erfolgt bei Aufgusstemperaturen um 70°C nur sehr langsam. Wie wir an späterer Stelle noch sehen werden, ist ein verbreiteter Zubereitungsstandard für grünen Tee deshalb eine Aufgusstemperatur um 70°C. Ebenfalls eher langsam lösen sich die beliebten Katechine aus dem Teeblatt. Wer seinen Tee wegen dieser Wirkstoffe trinkt, sollte deshalb unbedingt heiß und lang – oder mehrfach – aufgießen. Schnell und auch bereits bei geringerer Aufgusstemperatur erfolgt dagegen die Extraktion des Koffeins. Wer seinen Tee wegen dieses Wachmachers trinkt, kommt demnach mit einer Aufgusstemperatur von 70°C und 2 Minuten Ziehen aus.

2.2.1. Ermittlung der richtigen Teeblatt-Menge

Der beste Weg zur akkuraten Dosierung ist die Verwendung einer entsprechenden Feinwaage. Diese kann digital oder mechanisch sein (z. B. klassische Balkenwaage. Wichtig ist dabei vor allem, dass sie im relevanten Messbereich zwischen 1 und 50g genau wiegt. Was dagegen nicht taugt, sind Mengenangaben in „Teelöffel“ oder der Versuch, Gramm-Werte mittels eines solchen zu dosieren. Denn großblättrige Blatt-Tees wird der Löffel gar nicht erst aufnehmen, während das Gewicht auf dem Löffel für alle anderen Teesorten mit der Größe des Blattes variieren wird.  

Geeichte Feinwaage im SiamTee Pack- und Versandlager
Geeichte Feinwaage im SiamTee Pack- und Versandlager
2.3. Aufgusstemperatur

Das Prinzip ist ein einfaches… je heißer das Wasser, mit dem aufgegossen wird, desto höher die Extraktionsrate. Aus physikalischer Perspektive ergibt sich dies aus der erhöhten Beweglichkeit der Elektronen auf den Außenbahnen im Atom bei Hitzezufuhr. Also immer so heiß wie möglich aufgießen, um so viele Inhaltstoffe wie möglich zu lösen? Nun, dies wäre zumindest das logische Credo eines jeden, der Tee aus rein gesundheitlichen Gründen trinkt. Der Genießer dagegen wird bei der Zubereitung sehr vieler Teesorten vergleichsweise moderate Aufgusstemperaturen bevorzugen. Dies gilt beispielsweise für die allermeisten grünen Teesorten. Aber auch viele weiße, gelbe und Oolong-Tees profitieren geschmacklich von Aufgusstemperaturen, die unter 90°C liegen.

2.3.1. Messen der Aufgusstemperatur

Grundsätzlich gilt: sprudelnd kochend heißes Wasser hat eine Temperatur von etwa 100°C. Nach dem Beruhigen, also bereits wenige Sekunden nach dem Abschalten der Hitzequelle, sind hiervon bereits nur noch 90°C übrig. Und nach dem Ausgießen des Wassers über die Blätter in der Teekanne hat die Flüssigkeit in selbiger gerade eben mal noch 80°C oder wenig mehr. Genau genommen kann man einen Tee also gar nicht – wie vielfach insbesondere für schwarze oder Pu-Ehr-Tees stipuliert – mit 90°C oder gar 100°C heißem Wasser aufgießen. Gemeint ist da wohl immer die Ausgangstemperatur des Wassers auf dem Höhepunkt seines Erhitzens im Kochtopf oder Teewasserbereiter. Nun, wir wollen es im Folgenden ebenso halten…

Bei der Zubereitung vieler grüner, weißer und Oolong-Tees ist es wichtig, die Temperatur des zum Aufgießen verwendeten Wassers etwas genauer zu kennen. Denn einerseits können diese Teesorten sehr empfindlich auf zu hohe Temperaturen reagieren. Sie werden dann leicht zu bitter oder schmecken anderweitig nicht mehr gut. Andererseits wirst du auch solche Tees nicht zu kühl aufgießen wollen, weil du dich damit um das Beste von ihrem Geschmack sowie einen Teil der im Teeblatt enthaltenen wünschenswerten Wirkstoffe bringen könntest. Für die Zubereitung solch temperatursensibler Teesorten wirst du deshalb ein Wasser-Thermometer benutzen wollen. Im Fachhandel findest du hierzu auch spezielle Teewasserthermometer.

Teewasserthermometer und Teeuhr - hilfreiche Instrumente der Teezubereitung
Teewasserthermometer / Teeuhr

Tipp: Teewasser vor der Teezubereitung immer sprudelnd kochend erhitzen. Danach das Wasser für Teesorten, die eine niedrigere Aufgusstemperatur benötigen, entsprechend abkühlen lassen. Auch zwischen einzelnen Aufgüssen empfielt es sich, das Wasser immer wieder erneut aufkochen zu lassen.

2.4. Ziehdauer

Auch hier ist das Grundprinzip klar… Je länger der Tee zieht, desto mehr Geschmacks- und Inhaltsstoffe lösen sich aus dem Teeblatt. Welche Stoffe aber genau und wie viel davon in welcher Zeit, ist auch abhängig vom Wasser, von der jeweiligen Dosierung und von der Aufgusstemperatur. Entsprechend ist die Ziehdauer nicht nur der wahrscheinlich variabelste, sondern wohl auch der am meisten diskutierte Parameter der Teezubereitung. Das geht soweit, dass in unterschiedlichen Zubereitungsanleitungen für eine Teesorte selten übereinstimmende Empfehlungen hierfür zu finden sein werden.

Dies liegt nicht zuletzt auch an den Wechselwirkungen der Ziehdauer mit anderen Parametern, insbesondere Dosierung und Aufgusstemperatur. Ein schönes Beispiel zur Veranschaulichung einer solchen Wechselwirkung ist der Kaltaufguss, welcher häufig über Nacht zieht. Die lange Ziehdauer und die sehr niedrige Aufgusstemperatur sorgen dabei für einen relativ intensiven Geschmack praktisch ohne Bitterstoffe. Und übrigens: gerade für Kaltaufgüsse ist die Verwendung möglichst weichen Wassers besonders wichtig.

Eine alte Volksweisheit sagt, dass der Tee wach macht, wenn er 2 Minuten zieht, nach einer Ziehdauer von 5 Minuten dagegen beruhigend wirkt. Dies ist eigentlich Unsinn, dennoch steckt ein wahrer Kern darin: die sich zu einem späteren Zeitpunkt lösenden Katechine blockieren die Rezeptoren für das Koffein. Entsprechend kommt die Wirkung des Koffeins nach 2 Minuten Ziehdauer voll zum Tragen. Bei längerer Ziehdauer dagegen hemmen die dann freiwerdenden Katechine zunehmend die Wirkung des Koffeins.

2.4.1. Messen der Ziehdauer

Zum Messen der Ziehdauer bieten sich eine ganze Reihe von Optionen an. In Ermanglung jeglichen Zeitmesser hilft das Mitzählen der Sekunden oder auch einfach nur Warten nach Gefühl. Das ist natürlich recht ungenau und kann im schlimmsten Fall durchaus auch mal danebengehen… Nun, im Zeitalter des Smartphones verfügt eigentlich jeder immer über Stoppuhr und Timer in Form einer einschlägigen App. Auch der Sekunden- und Minutenzeiger bzw. die Digitalanzeige der klassischen Armbanduhr hilft bei Bedarf weiter. Wer will, kann sich aber auch einen der im Fachhandel erhältlichen „Tea Timer“ zulegen.

Teeuhr + Teewasserthermometer
2.5. Gefäße und Materialien

Natürlich beeinflussen auch die zur Zubereitung verwendeten Gefäße den Geschmack des fertigen Tees. Dies gilt insbesondere für die Materialien, aus denen diese bestehen. Dabei sind die in den verschiedenen Teekulturen gebräuchlichen Formen überaus vielfältig. Beispiele hierfür wären das klassische chinesische Teekännchen, die japanische Seitengriff-Teekanne (Kyusu) oder das ebenfalls japanische Shiboridashi. All diese sind typischerweise Ton-Gefäße, während auch Porzellan, Glas und Gusseisen gebräuchliche Materialien sind.

Welche Form und welches Material für die Zubereitung einer bestimmten Teesorte jeweils am besten geeignet ist, darüber streiten sich die „Gelehrten“… Als sicher gilt: mit Ton macht man NIE etwas falsch! Was Glas betrifft, so wird dieses aus ästhetischen Zwecken gern zur Teezubereitung benutzt. Insbesondere grünen Tees kann man im Glaskännchen wunderbar bei der Entfaltung zusehen. Es gibt allerdings durchaus ernstzunehmende Stimmen, die sagen, dass das Glas dem grünen Tee geschmacklich eher abträglich ist. Noch mehr Stimmen behaupten ebendies für Gusseisen… 

Viel Einigkeit besteht betreffend die geschmacksneutralen Eigenschaften von Porzellan bei der Teezubereitung. Und wie schon gesagt, wirklich nichts falsch machen kann man immer mit Ton…

Gefäße der Teezubereitung - Beispiele für Tongefäße
Klassische (Ton) Gefäße der Teezubereitung – Beispiele

3. Anwendung der Parameter in der Praxis der Teezubereitung

Wie wende ich mein Wissen um die einzelnen Parameter der Teezubereitung nun in der Praxis an? Einmal angenommen, ich verfüge sonst über keinerlei Vorwissen und mein Tee kommt ohne jegliche Anleitung oder Zubereitungsempfehlung… Dann bliebe mir nichts anderes übrig als die Parameter für mein initiales Zubereitungsexperiment beliebig zu wählen. Nach Verkostung müsste ich dann die Parameter – auf Basis der bekannten Effekte – in Richtung des von mir gewünschten Geschmacksergebnisses verändern.  

Damit wir dies nicht für jede Teesorte ganz von vorn wiederholen müssen, werden die meisten Fachhändler ihren Tees Zubereitungsempfehlungen mitgeben. Allerdings kommen wir auch sehr gut ohne solche – häufig recht beliebig gewählten – Zubereitungsempfehlungen aus, wenn wir über ein Set einschlägiger Standards verfügen. Nun gibt es viele verschiedene, mehr oder weniger stark voneinander abweichende Standards für die bei Zubereitung von Teesorten der einzelnen Verarbeitungskategorien zu verwendenden Parameterwerte. Das macht aber nichts! Denn so ganz daneben wird es mit solchen, auf den Erfahrungen und geschmacklichen Präferenzen anderer basierenden Werten eigentlich nie gehen. Und unser Wissen um die einzelnen Parameter und die geschmacklichen Effekte, die deren Veränderung jeweils bewirkt, wird uns dabei helfen, die Zubereitung einer bestimmten Teesorte unserem eigenen individuellen Geschmack anzupassen.

Mit solchen Standards für die Parameterwahl bei der Zubereitung bestimmter Teesorten und Kategorien beschäftigt sich Lektion 9.3. der Kleinen Teeschule, „Standards der Teezubereitung“. In Lektion 9.2. wollen wir uns nun aber zunächst mit den möglichen Kontexten und Zwecken der Teezubereitung beschäftigen. Denn wie wir sehen werden, beeinflussen diese die Art und Weise, wie wir unseren Tee zubereiten, erheblich.

junger "sheng" in Zubereitung
junger „sheng“ Pu Ehr Tee in Zubereitung

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