Nach der Behandlung der Verarbeitung von grünem Tee, schwarzem Tee und Oolong-Tee in den vorangehenden Lektionen wenden wir uns heute dem weißen Tee zu.
Trotz seines vergleichsweise geringen Anteiles am westlichen Tee-Markt blickt der weiße Tee in seinem Herkunftsland China auf eine lange Geschichte der Verwendung als Medizinkraut, kaiserlicher Tribut-Tee und Statussymbol innerhalb der wohlhabenden Oberschicht zurück. Heute warten auch weit von seinem Ursprung in Fuding, Fujian, entfernte Teeanbauregionen der Welt mit eigenen Versionen weißen Tees auf.
Herkunft und Geschichte des weißen Tees
Die frühe Geschichte des weißen Tees verblasst aufgrund mangelnder historischer Dokumentation weitgehend im Nebel der Zeit. Allerdings weisen eine Reihe literarischer Erwähnungen auf eine sehr weit zurückreichende Geschichte dieser Teekategorie hin. So erwähnt beispielsweise der chinesische „Tee-Weise“ Lu Yu den weißen Tee bereits 760 n. Chr. in seinem Werk „Cha Ching – The Classic of Tea“. Noch ältere Belege zeugen darüber hinaus von einer Verwendung des weißen Tees als Medizinpflanze bereits während der letzten beiden Jahrtausende vor Christus.
Ursprungsort des weißen Tees ist die Region um die Stadt Fuding in der ostchinesischen Provinz Fujian. Denn der weiße Tee ist nicht nur eine Verarbeitungskategorie, sondern ursprünglich auch an die dort heimische „Da Bai“ Teepflanzenvarietät und deren regionale Unterarten gebunden. Entsprechend ist die Region Schauplatz der gesamten frühen Geschichte der Verwendung von weißem Tee zu medizinischen wie zu Genusszwecken.
Im Gegensatz zur frühen Geschichte ist die Entwicklung der kommerziellen Kultivierung von weißem Tee in der Fuding-Region recht detailliert dokumentiert. Hierbei zog die Verwendung der einschlägigen Kultivare und Verarbeitungsmethode ausgehend von der Kernregion ihre Kreise. Als Ergebnis finden wir weißen Tee heute nicht nur in Fuding, sondern in ganz Fujian und benachbarten Provinzen, darunter Zhejiang und Anhui.
Die Verarbeitung von weißem Tee
Die Verarbeitung von weißem Tee besteht im Wesentlichen nur in einer ausgedehnten Welkphase, gefolgt von der Endtrocknung. Aufgrund der geringen Oxidation bei ausbleibender Fixierung durch Erhitzen gilt der weiße Tee als die naturbelassenste aller Teesorten. Aus dem gleichen Grund erscheint die Kategorie bei oberflächlicher Betrachtung als die vermeintlich einfachste der 6 chinesischen Tee-Verarbeitungskategorien. Ganz so einfach ist es in der Praxis dann aber doch nicht…
Die folgenden Ausführungen beschreiben den Prozess der Verarbeitung von weißem Tee im Grundprinzip. Hiervon kann es je nach Region, Erzeuger und Sorte Abweichungen geben. So stellen beispielsweise ein erhöhter Oxidationsgrad sowie das Rösten bei höheren Temperaturen mögliche Verarbeitungsvariationen von weißem Tee dar.
1. Welken
Per Standard breitet man die Teeblätter nach dem Pflücken zunächst für einige Stunden auf großen Bambusmatten draußen in der Sonne aus. Anders als bei der Verarbeitung von Oolong-Tee erfolgt dabei kein Verwirbeln der Teeblätter und kein Aufbrechen der Blattoberflächen. Um einer beschleunigten Oxidation entgegenzuwirken, achtet man hier vielmehr darauf, dass die Teeblätter während des Welkens unbeschädigt bleiben. Dabei sind relativ hohe Temperaturen sowie eine verhältnismäßig geringe Luftfeuchtigkeit von entscheidender Bedeutung. Die Verarbeitung von weißem Tee ist deshalb äußerst wettersensibel und erfordert ein entsprechend gutes Timing.
Auf die „outdoor“-Phase folgt in der Regel eine ausgedehnte „indoor“-Phase. Während dieser oxidieren die Teeblätter weiter bis zum Erreichen des gewünschten Oxidationsgrades. Bei Regen muss der gesamte Welkvorgang nach drinnen verlegt werden, was sich nachteilig auf den Geschmack des fertigen Tees auswirken oder diesen gar vollständig verderben kann.
Während des Welkens durchlaufen die Teeblätter einen natürlichen Oxidationsprozess bis zu einem vergleichsweise geringen Oxidationsgrad von 2-3%. Dies kann je nach Temperatur und Klima zwischen 20 und 60 Stunden in Anspruch nehmen.
2. Trocknen
Nach Erreichen des gewünschten Oxidationsgrades gehen die Teeblätter direkt in die Endtrocknung. Hierzu werden sie in der Regel zunächst kurz auf über 100°C erhitzt. Danach erfolgt die weitere Trockung auf schonende Weise bei eher niedrigen Temperaturen. Typisch ist dabei das Rösten, traditionell über Holzkohlefeuer, heute vielfach auch in Umluftöfen mit leicht regelbarer Trocknungstemperatur. Während der Verarbeitung ergibt sich durch die Einwirkung von Licht, Luft und Wärme eine charakteristische Pastellfärbung der Teeblätter. Die ungeöffneten Knospen dagegen leuchten im Weiß ihrer dichten Behaarung.
Zu den beiden Hauptschritten der Verarbeitung von weißem Tee kommen eine Reihe sekundärer Verarbeitungsschritte, wie sie auch für andere Teesorten üblich sind. Hierzu zählt insbesondere das Vor- und Nachsortieren der Teeblätter zur Qualitätssteigerung, bzw. als negatives Qualitätsmerkmal im Unterlassungsfall.
Ein für Händler wie Endverbraucher erfreuliches Merkmal von weißem Tee ist dessen außerordentliche Lagerfähigkeit. Tatsächlich verlieren weiße Teesorten unter trockenen, kühlen Umgebungsbedingungen auch bei jahrelanger Lagerung kaum an Geschmack und Aroma.
Arten von weißem Tee
Weiße Teesorten nach Pflückstandard
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal weißer Teesorten ist der Pflückstandard. Dementsprechend sind die bekanntesten Sorten der White Silver Needle („Weiße Silbernadel“) und der White Peony („Weiße Pfingstrose“). Für den Silbernadel-Tee wird jeweils nur die ungeöffnete Knospe am Ende jedes Ästchens gepflückt. Der White Peony (auch: „Pai Mu Tan oder „Bai Mu Dan“) dagegen repräsentiert den klassischen Pflückstandard von 1+2. Umfasst der Pflückstandard eines weißen Tees mehr als 2 junge Blätter plus ungeöffnete Knospe, bezeichnet man ihn als „Gong Mei“ Tee. Und besteht der Tee im Wesentlichen aus älteren Blättern, so heißt er „Shou Mei“ Tee.
Dabei schmeckt der White Peony aufgrund eines deutlich höheren Anteils an Aromastoffen (insbes. Theaflavine und Thearubigene) intensiver und aromatischer. Der Silver Needle dagegen erfreut sich aufgrund seiner begrenzten Verfügbarkeit, entsprechend hohen Preises und gern als „edel“ wahrgenommenen subtilen Charakters vor allem unter wohlhabenderen Chinesen besonderer Beliebtheit.
Weiße Teesorten nach Herkunft, Kultivar, Verarbeitung
Über den Pflückstandard hinaus gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Faktoren, die eine weiße Teesorte definieren können. Ein solcher Faktor kann beispielsweise eine bestimmte Herkunftsregion innerhalb Fujians sein, darunter Fuding, Zenghe, Songxi, und Jiangyang. Je nach Herkunft können außerdem unterschiedliche Subkultivare der „Da Bai“-Varietät involviert sein. Weiter tragen auch Verarbeitungsmerkmale wie Outdoor- oder Indoor-Welken oder die Temperatur und Methode der Endtrocknung zur Definition eines weißen Tees bei.
White Moonlight Tee
Viel jünger als die Geschichte des weißen Tees in Fujian ist die Anwendung der gleichen Methode auf großblättrige Teebaum-Varietäten in Yunnan. Der hieraus hervorgehende White Moonlight Tee weist trotz deutlicher Unterschiede in Geschmack und Erscheinungsbild auch viele Parallelen zum weißen Tee aus Fuding auf. Eine Besonderheit des White Moonlight Tee ist dabei der Hell/Dunkel-Kontrast in der Färbung beider Seiten der fertig verarbeiteten Teeblätter. Hiervon hat dieser Tee auch seinen Namen.
Inzwischen kommen White Moonlight Tees nicht mehr nur aus Yunnan, sondern auch aus benachbarten Regionen mit nativen großblättrigen Teebaum-Varietäten. So gibt es heute beispielsweise auch einen White Moonlight Tee aus Laos oder von Teebäumen der „Tuyet Shan“-Varietät in Nordvietnam.
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