Lektion 10/3 : Teekulturen der Welt (3) – Verbreitung der Teekultur in Asien

Die Kleine Tee Schule - Das ABC vom Tee, Lektion 10.3. : Teekulturen der Welt (3) - Die Verbreitung der Teekultur in Asien

In Lektion 10/2 haben wir gesehen, wie die Teekultur sich in China, der Mutter aller Teekulturen, entwickelt hat. In anderen, benachbarten Heimatländern des Teebaums dagegen, darunter Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam, dagegen blieben die Verarbeitung und der Genuss von Tee in früher Zeit einigen ethnischen Minderheiten, i. d. R. aus China migrierte Bergstämme, vorbehalten. Erst im zweiten Jahrtausend unserer Zeitrechnung begann die Teekultur sich via neuentdeckte Reise- und Handelswege über China hinaus zu verbreiten. Naheliegenderweise erfolgte dabei zunächst eine Verbreitung der Teekultur in Asien. Das früheste Beispiel hierfür ist Japan, wo buddhistische Mönche sich bereits sehr früh um den Anbau aus China mitgebrachter Teesamen bemühten.

Die Kleine Tee Schule - Das ABC vom Tee, Lektion 10.3. : Teekulturen der Welt (3) - Die Verbreitung der Teekultur in Asien
Historische Verbreitung der Teekultur in Asien (von China aus) – Karte zum Vergößern klicken

1. Anfänge und Entwicklung der Japanischen Teekultur

1.1 Anfänge des Teeanbaus in Japan

Japans erster Kontakt mit Tee als Getränk wird auf das Jahr 552 n. Chr. datiert. Damals brachten buddhistische Mönche Tee von Studienreisen nach China mit. Erstes Saatgut brachten die Mönche Saicho und Kukai von einer solchen Studienreise im Jahr 805 n. Chr. mit. Die hieraus resultierenden ersten Teepflanzen Japans wuchsen auf der an der Südspitze Japans gelegenen Insel Kyushu, wo bis zum heutigen Tag erfolgreich Tee angebaut wird.

Als tatsächliche Initialzündung der japanischen Teekultur gilt jedoch der zweite Anpflanzversuch durch den Mönch Eisei in Fukuoka im Jahr 1168 n. Chr. Eisei beschränkte sich nicht nur auf das Anpflanzen und Verarbeiten von Tee, sondern propagierte den Teegenuss darüber hinaus erfolgreich auf breiter Basis. Seine Bemühungen sowie spätere Pflanzungen seiner Schüler in Uji markieren den tatsächlichen Beginn von Japans Teekultur. Deshalb genießt Uji unter den Teeanbaugebieten Japans bis in die heutige Zeit besonderes Ansehen. Und bis heute dreht sich in der japanischen Teekultur fast alles um den grünen Tee. Anders als in China wieder dieser in Japan zum Abbruchs der Oxidation aber gedämpft anstatt geröstet. Japanische Grüntees unterscheiden sich daher auch geschmacklich sehr stark von chinesischen.

Neben dem Teesamen brachte Eisei aus China auch die Methode der Herstellung von pulverisiertem Grüntee aus Tencha-Blättern mit. Wie in China zu dieser Zeit üblich, stellte auch er durch Entfernen der Stängel und Blattrippen von den Teeblättern Tencha her. Dieser wurde dann in Steinmühlen zu dem feinen Grüntee-Pulver zermahlen, das wir heute unter dem Namen Matcha-Tee kennen. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1215 wurde Eisei noch Autor des ersten japanischen Buches über Tee, „Kissa·yōjō·ki“ (jap.: 喫茶養生記, übersetzt etwa: „Der Schlüssel zum gesunden Teetrinken“). Mit seiner Publikation unterstrich er noch einmal seine Schlüsselrolle in der Geschichte der japanischen Teekultur.

Eisei - japanischer Zen-Mönch, der den Tee von China nach Japan brachte
Jap. Zen-Mönch Esei
1.2. Entwicklung der Teekultur in Japan

Seitdem hat sich die Teekultur in Japan zu einer eigenständigen „Grünteekultur“ entwickelt. So ist beispielsweise die japanische Teezeremonie, in deren Mittelpunkt der Matcha dreht, geradezu ein Spiegelbild der nationalen Kultur Japans. Aber auch japanische Bancha-, Sencha-, Kabusecha-, Shincha- und Gyokuro-Tees repräsentieren innerhalb der Welt des Tees eine Kategorie für sich. Diese wiederum erfreut sich unter Teeliebhabern weltweit wachsender Beliebtheit und etabliert zunehmend ihren ganz eigenen „Fanclub“.

Die größten beiden Teeanbaugebiete Japans sind heute Shizuoka und Kagoshima. Von diesen ist Shizuoka die Region mit dem höchsten mengenmäßigen Output. Das auf der Südspitze des Landes gelegene Kagoshima dagegen genießt einen Ruf für besonders gute Qualitäten. Daneben spielen weiter das traditionelle Anbaugebiet Uji sowie eine Reihe weiterer kleiner Anbaugebiete eine Rolle für den japanischen Teeanbau.

Die Teeerzeugung in Japan ist von der Pflückung bis zur Verarbeitung von einem besonders hohen Technisierungs- und Automationsgrad geprägt. Diese Entwicklung ist zum einen dem allgemein hohen Technisierungsniveau Japans geschuldet. Zum anderen macht das hohe Lohnniveau des Landes das Pflücken und Verarbeiten des Tees von Hand zu teuer. Lediglich in der Herstellung kleiner, meist für Wettbewerbe bestimmter Mengen von Tee durch namhafte Meister kommt die traditionelle Handarbeit noch zum Tragen.

Japanische Teezeremonie - strikte Ablauf- und Verhaltensregeln
Japanische Teezeremonie

Zu einer weiteren Verbreitung der Teekultur in Asien kam es erst im 17. Jahrhundert. Trotz ihrer Enstehung im engeren Dunstkreis Chinas prägt auch die individuelle Entwicklung des Teeanbaus und -Genusses in Taiwan schließlich eine eigenständige Teekultur.

2. Anfänge und Entwicklung der Teekultur in Taiwan

2.1 Anfänge des Teeanbaus in Taiwan

Als Flüchtlinge aus China zu Beginn des 17. Jahrhunderts erstmals ihren Fuß auf die von den Portugiesen „Formosa“ getaufte Insel setzen, ist Taiwan ein wilder, fast gänzlich unbesiedelter Ort. Sie bringen Samen von Tee-Kultivaren aus dem nahegelegenen Fujian mit, die sie in der neuen Heimat einpflanzen. Ihre Bestrebungen sind schließlich von Erfolg gekrönt. Nicht nur wächst und gedeiht die Teepflanze in Formosa ganz prächtig, sondern bald schon bilden sich in Anpassung an die Umgebung neue, eigenständige Kultivare heraus, die Taiwans Teekultur, wie wir sie heute kennen, entscheidend prägen.

Taiwans Schwerpunktlegung auf Oolong-Tee-Kultivare ergibt sich logisch aus der Herkunft des mitgebrachten Saatguts. Schließlich ist die chinesische Provinz Fujian ist bis heute eine DER vier Herkunftsregionen für Oolong-Tees. Trotzdem gibt es in Taiwan von jeher auch Kultivare, die bevorzugt zur Herstellung grüner bzw. schwarzer Teesorten herangezogen werden. Native Teebaum-Varietäten hingegen, über welche die Insel ebenfalls verfügt, wurden lange Zeit vernachlässigt.

Alte Taiwanesische Tee-Briefmarke
Alte taiwanesische „Tee-Briefmarke“
2.2 Entwicklung der Teekultur in Taiwan

Aufgrund der offensichtlichen inhaltlichen Parallelen und der geographischen wie kulturellen Nähe prägt die chinesische Teekultur die Teekultur in Taiwan zunächst sehr stark. So dreht sich beispielsweise auch die taiwanesische Teezeremonie vorwiegend um die rituelle Zubereitung von Oolong-Tee. Dennoch hat die taiwanesische Teekultur iom Laufe der Zeit eine eigene Identität entwickelt. Einen entscheidenden Beitrag hierzu leistet die Entwicklung landeseigener Tee-Kultivare als nationales Großprojekt.

Traditionelle taiwanesische Oolong-Tees wie der Oriental Beauty Oolong Tee haben heute überall in der Welt Rang und Namen. Damit aber nicht genug. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts und verstärkt seit den 60er und 70er Jahren betreibt Taiwans Regierung gezielt Programme zur Entwicklung neuer Teekultivare. Diese entsprechen jeweils bestimmten, an einem gewünschten Geschmack und/oder gegebenen Umweltbedingungen orientierten Anforderungsprofilen. Ein Beispiel hierfür die Züchtung besonders ertragreicher, schädlingsresistenter oder klimaunempfindlicher Kultivare, welche das Land inzwischen auch erfolgreich exportiert.

Taiwan Tee-Landkarte
Teeanbaugebiete in Taiwan

Motor der weiteren Verbreitung der Teekultur in Asien war der ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufkommende Seehandel zwischen China und Europa. Als Hauptbetreiber desselben traten die europäischen Kolonialmächte, allen voran die Niederlande und Großbritannien in Erscheinung. Während die holländische East India Company hier quasi die Pionierarbeit leistete, sollte diese schon bald durch ein fast 200 Jahre andauerndes chinesisch-europäisches Handelsmonopol der ansonsten gleichnamigen britschen Handelsgesellschaft verdrängt werden.

Allerdings sollte der Seehandel der britischen Kolonialmacht mit China schon bald Konflikte zwischen den beiden Ländern zur Folge haben. Im frühen 19. Jahrhundert begann man in England deshalb, über Alternativen zum Bezug von Tee aus China nachzudenken. In diesem Kontext rückte das kolonialisierte und daher leicht kontrollierbare Indien als potentielles Anbauland für Tee in den Fokus. Dem stand einerseits entgegen, dass die Ausfuhr von Teepflanzen und -Samen aus China verboten war. Andererseits waren auch die Einzelheiten der Teeverarbeitung zu jener Zeit noch ein wohlgehütetes chinesisches Geheimnis.

3. Anfänge und Entwicklung der Teekultur in Indien

3.1 Anfänge des Teeanbaus in Indien

Im Mai des Jahres 1848 reiste der britische Botaniker Robert Fortune im Auftrag der East India Trade Company nach China, wohin er bereits zuvor ausgedehnte Reisen unternommen hatte. Somit galt er nicht nur als leidenschaftlicher Pflanzensammler, sondern auch als Kenner der chinesischen Kultur und Sprache. UND: er war einschlägig vertraut mit einigen der Teeanbaugebiete in China, welche er auf früheren Reisen studiert hatte. All dies qualifizierte ihn für seinen aktuellen Auftrag, welcher im Wesentlichen darin bestand, weiteres Wissen über den Anbau und die Verarbeitung von Tee vor Ort in China zu sammeln sowie Tee-Samen und Stecklinge nach Indien zu schaffen.

Robert Fortune - A Journey to the Tea Countries of China

In der Folgezeit verschiffte Robert Fortune mehrere Jahre lang heimlich Stecklinge und Sämlinge von Teepflanzen nach Indien. Darüber hinaus konnte er einige chinesische Teebauern dazu bewegen, ihn nach Indien zu begleiten, um dort beim Aufbau der Teeplantagen und Teeproduktion zu helfen. Bereits kurze Zeit später gelang es britischen Wissenschaftlern im Botanischen Garten von Kalkutta, die von Robert Fortune nach Indien geschickten Teepflanzen zu vermehren.

In der Zwischenzeit hatte ein weiterer Brite, Robert Bruce, native Teebäume im nordostindischen Region Assam entdeckt. Während Robert Bruce, und nach dessen frühem Tod sein Bruder Charles Alexander Bruce, mit der Entwicklung des organisierten Teeanbaus in Assam begannen, wurde die südöstlich von Assam gelegene fruchtbare Hochlandregion Darjeeling als Anbaugebiet sowohl für Teepflanzen aus Assam wie auch für die neuen China-Kultivare auserkoren.

eeanbau in Assam im 19. Jahrhundert
Teeanbau in Assam im 19. Jahrhundert
3.2 Entwicklung der Teekultur in Indien

Unter der Leitung britischer Nobelmänner und Aristokraten sowie einiger wohlhabender indischer Günstlinge der britischen Krone wurden in der Folgezeit große Ländereien in Darjeeling mit Teepflanzen bepflanzt. So entstanden die großen, im kolonialen Stil organisierten „Darjeeling Tea Estates“, welche die Tee-Industrie Darjeelings bis heute prägen.

Während der kommenden 150 Jahre stand der Teeanbau in Indien im Zeichen der Produktion billigen schwarzen Tees für den europäischen und US-amerikanischen Massenmarkt. Dennoch zeitigt der nachhaltige Trend zu mehr Qualität beim Tee auf dem westlichen Markt während der vergangenen Jahre auch in Indien zunehmend süße Früchte. Aber nicht nur Qualität gibt es aus Indien heute auf hohem Niveau, sondern auch eine neue Vielfalt des Teeangebots. So kommt der Klassiker des indischen Tees, der schwarze Tee, plötzlich in den verschiedensten neuen Gewändern daher. Dabei reicht das Spektrum vom spritzig-frühlingsfrischen First Flush über vollmundige, dunkel geröstete Second Flushes bis zu erdig-malzigen „Autumnals“.

Aufgrund seiner spezifischen Geschichte als „koloniale Teefabrik für den westlichen Marktdes Westens“ war Indien lange Zeit ein Land mit viel Tee, aber wenig Teekultur. Denn in der Tat lernten die Inder den Tee erst durch die Briten kennen – und lieben! So hat Indien im Jahr 2014 knapp 1.200.000 Tonnen Tee produziert, von denen jedoch nur etwa 200.000 Tonnen in den Export flossen. Dies legt nahe, dass der Genuss von Tee als Getränk sich in der indischen Allgemeinbevölkerung auf breiter Basis durchgesetzt haben muss. Und natürlich trinken die Inder neben dem für das Land typischen schwarzen Tee am liebsten ihren Chai-Tee, eine Mischung aus eben jenem schwarzen Tee und einer Reihe landestypischer Gewürze.

4. Anfänge und Entwicklung des Teeanbaus in Sri Lanka

Auch die Geschichte des Teeanbaus in Sri Lanka beginnt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ceylon, wie die südlich von Indien gelegene Insel bis 1972 hieß, war seit 1803 britische Kolonie. Also solche fungierte sie zunächst lange Zeit als „Kaffeekammer“ der britischen Krone. Als ein schädlicher Pilz in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts die Kaffee-Monokulturen Sri Lankas fast vollständig zerstörte, beschloss man, vom indischen Beispiel inspiriert, auch hier auf den Anbau von Tee umzusteigen. Dies wiederum markiert die Grundsteinlegung für den Anbau des heute weltberühmten „Ceylon-Tee“.

5. Anfänge und Entwicklung des Teeanbaus in Indonesien

Teepflanzen gelangten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrunderts erstmals mit den Holländern als Garten-Zierpflanzen nach Indonesien. Erst Ende des 19. Jahrhunderts begann die holländische Händlerdynastie Kerkhoven mit dem kommerziellen Teeanbau auf der Insel Java. Anstatt der sensiblen China-Kultivare setzte man dabei von Anfang an auf importierte Teepflanzen aus Assam und Ceylon. Zu den großen Anbaugebieten gesellten sich später dann auch solche auf Sumatra. Obwohl Indonesien große Mengen an Tee exportiert, genießt der Tee von hier qualitativ nicht den besten Ruf. Entsprechend finden Java- und insbesondere Sumatra-Schwarztees sich auf dem westlichen Teemarkt vor allem als Bestandteil von Blends wieder.

Gepresster Tee aus Ha Giang, Vietnam
Gepresster „Pu Erh“ Tee-„Cake“ aus Ha Giang, Nordvietnam

6. Entwicklung weiterer Teekulturen in Asien

Auch in anderen Ländern Asiens fassten sowohl Anbau als auch der Genuss von Tee im Laufe der Zeit Fuß. Dies gilt zum einen für einige der Heimatländer des Teebaums, allen voran Vietnam und Thailand. Während sowohl der Anbau als auch der Genuss von Tee in diesen Ländern lange Zeit auf aus China eingewanderte ethnische Minoritäten beschränkt blieb, diffundiert beides heute zunehmend in die Gesamtbevölkerung. Das heißt, Tee erobert die jeweiligen Gesellschaften bzw. Volkswirtschaften zunehmend sowohl als Genussmittel als auch als Anbauprodukt. Die so entstehenden Teekulturen stützen sich einerseits auf die natürlichen Vorkommen von Teebaum-Varietäten im jeweiligen Land. Andererseits importiert man in beiden Ländern seit den 1970er Jahren Teekultivare aus Taiwan.

Aber auch Länder ohne native Teebaum-Vorkommen haben den Teeanbau als (Land-) Wirtschaftszweig für sich entdeckt. Zu diesen zählt beispielsweise das vor allem von der japanischen Teekultur inspierierte (Süd-) Korea.

Wie es weitergeht…

Nach der Übersicht über die Entstehung von Teekulturen im asiatischen Raum widmet die folgende Lektion 10.4 sich den Land- und Seewegen des Tees von China aus nach Russland, Nahost und Europa.

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