Jan. 2015: ITMA Meister-Tee-Kurs in Doi Mae Salong, Nordthailand – Der Rückblick

DER TEESPIEGEL - Der Blog im Siam Tee Blog: Logo17. Januar 2015

Doi Mae Salong - Teegärten in den Wolken

In einem im Oktober 2014 im Siam Tee Blog / DER TEESPIEGEL veröffentlichten Artikel hatte ich die neue Teemeister-Schule in Doi Mae Salong, Nordthailand, vorgestellt. Der im November 2014 abgehaltene Tee-Kurs bestand aus einer 4-tägigen praxisorientierten Vor-Ort-Schulung, ergänzt durch einen Online-Kurs zur Vermittlung umfassender theoretischer Grundlagen. Die Resonanz auf diesen Artikel war überwältigend! Eine Reihe von Interessenten kontaktierten uns zur Anmeldung für den Kurs, andere baten um die Mitteilung der Daten geplanter weiterer Kurse und sogar noch mehr Menschen zeigten Interesse und Unterstützung durch ihre einschlägigen Rückfragen oder Lob.

Jetzt, knapp zwei Monate nach dem ersten Tee-Kurs in Doi Mae Salongs neuer Tee-Schule und keine drei Monate vor dem nächsten geplanten Kursdatum, scheint es mir daher an der Zeit für einen bewertenden Rückblick! Wie war der Kurs? Wie wurde er von den Teilnehmern aufgenommen? Und: war er sein Geld wert? Teilgenommen hat am Tee-Kurs im November eine Gruppe von rund einem Dutzend Schülern, von denen die meisten einen beruflichen Hintergrund im Kontext von Tee hatten, darunter Teehändler, Teeladen-Betreiber und andere Tee-Berufler, teils mit langjähriger Erfahrung, teils neu in der Teebranche. Dies war nicht überraschend, zum einen, da – nebst dem nicht gerade Taschengeld-Niveau der Kursgebühr – bereits Teile des Kurslehrplans und das Prestige-Niveau der Kursabsolventen verliehenen ITMA Teemeister-Zertifizierung auf eine professionelle bzw. geschäftliche Orientierung des Kurses hingedeutet hatten. Es ist letztlich naheliegend, dass die Anforderungen für ein Publikum von Tee-Beruflern, die ihre Karriere bzw. ihr Geschäft auf eine breitere Basis stellen möchten, andere sind als für den privaten Teeliebhaber, der einfach nur mehr über seinen Tee wissen oder einen Live-Einblick in die Welt des Tees auf Produzenten-/Herkunftsniveau erhalten möchte. In dieser Hinsicht denke ich mittlerweile, dass es gut wäre, das Kursangebot der Tee-Schule in zwei separate Kurskategorien zu unterteilen, von denen eine auf den privaten Anspruch spezialisiert bzw. ein Anfängerkurs ist, während der andere sich gezielt auf die Ansprüche von Tee-Fachberuflern bzw. eines fortgeschrittenen Publikums konzentriert. Tatsächlich wird von den Kursveranstaltern aktuell an einer solchen Abstufung gearbeitet, die bereits zum nächsten Kursdatum (siehe unten) umgesetzt werden soll. Die Vor-Ort-Schulung wird zukünftig optional 2-tägig oder 4-tägig möglich sein, wobei Tag 3 und Tag 4 das Fortgeschrittenen-Niveau repräsentieren. Für Personen, die lediglich am Erwerb der theoretischen Grundlagen interessiert sind, weil sie vielleicht den Aufwand und/oder die Kosten der Vor-Ort-Schulung scheuen, besteht zudem die Möglichkeit, nur den Online-Kurs zu belegen.

Klasse und Lehrer: erster Tee-Kurs in Doi Mae Salongs Teeschulethe Doi Mae SalongTeekurs-Klasse von November 2014 in der Doi Mae Salong Teemeisterschule

In meinem Einführungsblog

„Neue Teemeisterschule in Doi Mae Salong, Nordthailand, steht vor der Eröffnung“

stand uns J. T. Hunter von Wild Tea Qi, geistiger Vater und Organisator der neuen Tee-Schule, für ein ausgedehntes, im Artikel vollständig abgedrucktes, Interview zur neuen Tee-Schule und den angebotenen Kursen zur Verfügung. Für unsere Rückblick, dachte ich nun, sollten wir stattdessen einem der zahlenden Kursteilnehmer das Wort erteilen. Hierzu habe ich den schwedischen Landsmann Kenneth Rimdahl um ein Telefon-Interview gebeten, in welchem er über seine Erfahrungen als Kursteilnehmer sprechen und uns erzählen solle, ob der Tee-Kurs seinen Erwartungen gerecht wurde, ob er glaubt, dass die im Kurs vermittelten Lerninhalte sein Tee-Wissen und seine beruflich-geschäftlichen Kompetenzen und Qualifikationen in der Tee-Branche verbessert haben und ob er den Tee-Kurs – rückblickend – als eine gute Investition erachtet. Kenneth ist der Gründer und Betreiber von Monsoon Teas, einem jungen Unternehmen mit Sitz in Chiang Mai, Nordthailand, das sich der Aufgabe angenommen hat, Tee in Thailand zu höherer Popularität zu verhelfen. Unter anderem hat Kenneth hierzu eine Linie von Tee-Mischungen und Tee-Kreationen auf der Basis thailändischer Tees kreiert, die er über den Monsoon Tea Shop sowie eine Reihe kulinarischer Einrichtungen überall im Land vertreibt und die sich unter einheimischen Kunden ständig wachsender Beliebtheit erfreut. Als Meister-Tee-Blender, Teehändler und Tee-Verkoster mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Teebranche hat Kenneth eine Reihe namhafter Tee-Anbaugebiete – insbesondere in China – besucht und ist außerdem einer der Hauptteilhaber einer großen spanischen Teeshop-Kette. Ich lernte Kenneth vor einer Weile kennen, als er seinen Monsoon Tea Shop im JJ Market eröffnete, welchen man getrost als einzigen ordentlichen Tee-Shop Chiang Mais bezeichnen kann, und wir wurden schnell Freunde. Das resultierende, daher in einer recht lockeren Atmosphäre am 14. Januar 2015 in englischer abgehaltene Telefon-Interview wurde aufgezeichnet und für Publikationszwecke in die Schriftform übertragen und meine deutsche Übersetzung der Abschrift ist im Folgenden ohne jede Auslassung, Änderung oder Ergänzung vollständig wiedergegeben. Alle Fotos in diesem Artikel wurden während des Kurses von Kenneth aufgenommen und uns freundlicherweise zur Veröffentlichung hier zur Verfügung gestellt.

Exploring various teas at the tea courseExploration verschiedener Teesorten

Thomas: Kenneth, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview über den im November abgehaltenen Teemeister-Kurs in Doi Mae Salong genommen hast, an welchem du selbst als regulär zahlender Student teilgenommen hast. Ist das soweit richtig?

Kenneth: Das ist richtig.

Thomas: Dann lass mich mit der Frage beginnen, auf die ich am meisten neugierig bin: was bewegt dich als Tee-Fachberufler mit 20 Jahren Erfahrung im Teegeschäft und umfassender Reise- und Studienerfahrung an einigen der berühmtesten Tee-Schauplätzen der Welt und eine Person, die sicherlich bereits über ein umfangreiches Grundwissen über Tee verfügt, wenn nicht mehr, dazu, an einem solchen Tee-Kurs teilzunehmen? Oder, anders ausgedrückt, was kann ein solcher Tee-Kurs dir bieten, das du nicht bereits wusstest?

Kenneth: Du hast es bereits gesagt. Ich mag über einschlägige Erfahrung im Teegeschäft verfügen, aber dieser Hintergrund ist weitgehend geschäftlicher Natur. Natürlich hätte ich für elementare Grundkenntnisse, wie zum Beispiel, was der Unterschied zwischen grünem, schwarzem und Oolong-Tee ist, keinen Kurs mehr benötigt. In diesem Fall machte die Person des Betreibers der Doi Mae Salong Teeschule, J. T. Hunter, einen großen Teil meiner Motivation zur Teilnahme aus. Nicht, dass ich ihn vorher gekannt hätte. Ich hatte sein Buch („Wild Tea Hunter“) gelesen und ich hatte seine Webseite (Wild Tea Qi) studiert und war von seiner Herangehensweise an Tee tief beeindruckt.

Begutachtung frisch geernteter Teeblätter in Doi Mae Salong, NordthailandKenneth begutachtet frisch gepflückte Teeblätter

Thomas: Das ist ja interessant. Wie würdest du Jays Ansatz denn beschreiben?

Kenneth: Nun, im Gegensatz zur Geschäftsperspektive, die natürlich auf dem Verbrauchermarkt ansetzt, geht Jay das Thema Tee vom entgegengesetzten Ende her an, nämlich bei der Teepflanze selbst. Er sieht großen Wert und Schönheit in ebenjener Teepflanze, und er sieht, wie vieles von beidem in der Massenproduktion und -Verarbeitung sowie in weiteren Schritten, die solcherweise produzierter Tee auf seinem Weg in die Tasse des Endverbrauchers durchläuft, verloren geht. Jay glaubt, dass hochwertiger Tee nur aus hochgradig individuellen Prozessen resultieren kann, in denen der ursprüngliche Wert und die Schönheit der Teepflanze nicht etwa vermindert, sondern im Gegenteil vermehrt wird. Es ist eine ganzheitliche Perspektive von Tee. So kannst du zum Beispiel die Verwendung von Pestiziden, die Zerstörung von natürlicher Lebensräume oder das Abholzen von Waldflächen für den möglichst kosteneffizienten Anbau von Tee als Faktoren ansehen, die den Wert des Tees mindern. Ein anderer, sogar noch offensichtlicherer Weg, den Wert eines Tees zu verringern, wäre aus dieser Sichtweise, das Teeblatt zu zerstören und zu pulverisieren, um es in einen Teebeutel hinein zu bekommen. Wenn du eingehend darüber nachdenkst, fallen dir weitere Beispiele ein.

Shanas "magische Hände" - Teezubereitung auf ChinesischChin. Teezubereitung/Teezeremonie

Thomas: Das ist allerdings ein Thema, über das ich stundenlang diskutieren könnte! Lass uns trotzdem zu unserem eigentlichen Thema, Jays neue Teeschule in Doi Mae Salong, zurückkehren. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du meine ursprüngliche Frage nicht wirklich beantwortet hast. Also, was war es denn nun, das dich zur Teilnahme an Jays Kurs bewegt hat?

Kenneth: Ich habe erwartet, etwas von jenem Geist dort zu finden, und da ich selbst gerade begonnen habe, Tee auch aus dieser Perspektive zu sehen, dachte ich, es sei eine gute Idee, etwas tiefer in diese Sicht eines Gewerbes einzudringen. Und weißt du was, das war es tatsächlich auch! Ich muss zugeben, dass ich anfänglich etwas enttäuscht von der Art und Weise war, wie Jay sich selbst im Kurs präsentierte. Er präsentierte sich nämlich nicht gerade so, wie du es von einem Mentor oder Lehrer erwartet würdest, sondern schien vielmehr die Rolle einer „grauen Eminenz“ einzunehmen. Zur Wahrnehmung der eigentlichen Lehrer- und Mentorrolle und -Aufgaben brachte er Shan Zhang aus Yunnan mit, die sich dann sehr schnell als das wahre Highlight des Kurses erweisen sollte. Weißt du, Shana einfach unglaublich. Sie ist ein wandelndes Tee-Lexikon. Sie weiß ALLES über Tee, von der Geschichte und Verbreitung der Teepflanze über Teeanbau und alle nur denkbaren Einzelheiten der Verarbeitung von Teeblättern zu den verschiedenen Arten von Tee bis zur – wie ich gerade lernte – hohen Kunst der Teezubereitung und des Teegenusses. Übrigens dies war ein anderer Punkt, der diesen Kurs für mich interessant machte: die Zubereitung von Tee und die chinesische Teezeremonie waren Themen, die im Kurslehrplan stark hervorgehoben waren. Und sowohl Jay als auch Shana sind nicht nur wahre Meister hierin, sondern auch großartige Lehrer, wenn es darum geht, die der traditionellen chinesischen Teezubereitung und rituellen Teezeremonie zugrundeliegende Philosophie, Haltung und dazugehörigen manuellen Prozesse zu vermitteln. Ich fand, es ist ein wenig wie Yoga oder Qi Gong, oder Kung-Fu… übrigens, hast du gewusst, dass „Gong Fu Cha“ eigentlich „Kung Fu Cha“ meint, was übersetzt etwa „Die große Kunst des Tees“ heißt?

Alles bereit zum Teetrinken in Doi Mae Salong Teemeister-KursVorbereitungen für die nächste Teeverkostung

Thomas: Haha, ja, das wusste ich, ich habe einmal für einen Artikel im Siam Tee Blog über chinesische Teezubereitung und die Gong Fu Cha recherchiert… Gut, du hast im Kurs also gelernt, wie man richtig Tee zubereitet?

Kenneth: Ich habe gelernt, was bei der Zubereitung von Tee wirklich zählt. Ich habe gelernt, dass die Art und Weise, wie du einen Tee zubereitest, von einer ganzheitlichen Perspektive aus gesehen ein essentieller Teil des Weges dieses Tees von der Pflanze in die Tasse ist, der letzte Teil, wenn du so willst. Du musst bedenken, egal wie viel Pflege und Aufwand in den Anbau und die Verarbeitung eines Tees investiert wurden oder wie teuer dieser Tee deshalb sein mag, wenn du nicht aufmerksam genug bei seiner Zubereitung bist, dann war alles Vorangehende umsonst und du wirst den gesamten Wert, den dieser Tee, ob naturgegeben oder durch menschliche Einwirkung, hatte, unweigerlich in wenigen Minuten zerstören. Wenn du unachtsam genug bist, schaffst du es vielleicht sogar, den Tee bis zu einem Grad zu ruinieren, an dem du ihn nicht einmal mehr trinken, geschweige denn genießen kannst. Und wäre das nicht eine unglaubliche Verschwendung? Bevor du einen Tee zubereitest, musst du so viel wie möglich über ihn wissen, um die wichtigsten Parameter für seine Zubereitung wie beispielsweise Dosierung, Wassertemperatur und Ziehdauer aus bestehendem Wissen und Erfahrungen abzuleiten. Dann musst du dich auf das, was du tust, auf den Tee selbst und auf jeden einzelnen Handgriff und Schritt seiner Zubereitung, konzentrieren. Eigentlich ist es sogar mehr als ein bloßes Konzentrieren. Es ist Teil einer inneren Einstellung, die du einnehmen und verinnerlichen musst, bevor du mit der Zubereitung des Tees auch nur beginnst. Wenn du Shana beim Tee machen zusiehst, wirkt sie etwa so fokussiert wie jemand, der mit mit einer Schale voller winzig kleiner Diamanten in der Hand auf dem Hochseil über ein tiefes Gewässer balanciert. Weißt du, obwohl es einige allgemeine Regeln für die Zubereitung von Tee gibt, ist doch jeder Tee anders und erfordert eine andere Behandlung. Jay und Shana haben uns gezeigt, wie man an einen Tee herangeht, Schritt für Schritt, bevor man ihn schließlich zubereitet. Es ist eher ein Set von Richtlinien, die von Tee zu Tee unterschiedlich Anwendung finden, als eine Gebrauchsanweisung, die man auswendig lernen könnte. Oft genug bereitet man sogar den ein und selben Tee auf unterschiedliche Weise zu, je nach Stimmung, Tageszeit oder anderen inneren oder äußeren Bestimmungsfaktoren. Das mag ziemlich kompliziert klingen, ist es aber nicht, und es ist eines der vielen unschätzbaren Dinge, die Jay und Shana uns im Kurs beigebracht haben.

Teeanbau: ein Besuch im TeegartenBesuche in Teegärten sind Teil des Lehrplans

Thomas: Gibt es noch etwas, dass du bezüglich deiner Motivation für deine Teilnahme an dem Tee-Kurs und dessen Erfüllung oder Nichterfüllung deiner Erwartungen hinzufügen möchtest? Was ist es mit der ITMA Teemeister-Zertifizierung, die du am Ende des Kurses erhalten hast?

Kenneth: Das ITMA Teemeister-Zertifikat ist sicherlich etwas, das im Tee-Geschäft von großem Wert sein kann, besonders, wenn man neu in der Branche ist oder gerade begonnen hat, sein eigenes Tee-Geschäft aufzubauen. Für mich war es eine Art „Gimmick“ … ich meine, nicht dass ich eine solche Zertifizierung wirklich benötigen würde, aber ich muss doch zugeben, dass ich sie mir gerahmt und nicht ohne Stolz zuhause an die Wand gehängt habe. Auch kann ich nicht leugnen, dass mich genau hierauf schon im Vorfeld und während des Kurses irgendwie gefreut habe. Ich bin nicht sicher, ob ich je in einer Situation sein werde, in der es mir irgendeinen Vorteil bringen wird, diese Zertifizierung zu besitzen und vorzeigen zu können, wie beispielsweise im Rahmen einer Bewerbung für einen Job in einem Unternehmen, dessen Geschäft mit Tee zu tun hat, aber ich bin absolut überzeugt davon, dass das Zertifikat ein großartiges Instrument für Leute ist, die sich auf solcher Stufe ihres Werdegang im Bereich Tee befinden. Es wird zu größerer Glaubwürdigkeit beitragen und die Wahrnehmung anderer positiv beeinflussen, wenn du dieses Zertifikat in deinem Teeladen aufhängst, auf deiner Webseite postest oder deinem Namen auf fachspezifischen, Geschäfts- oder sozialen Plattformen den Zusatz „ITMA-zertifizierter Teemeister“ hinzufügst.

Teeverarbeitung - ein Besuch in der TeefabrikDer Besuch von Teefabriken ist ein weiterer Teil des Kurslehrplans

Thomas: Kenneth, dieses Interview ist dabei, erheblich länger zu werden als geplant, und ich habe doch erst geschätzte 10% meiner Fragen gestellt. Lass mich daher bitte zu einem anderen Aspekt kommen: wie gestaltete sich das tagliche „Kursleben“? Was habt ihr während der 4 Tage dort eigentlich gemacht?

Kenneth: Haha, glaub es oder nicht, aber dies im Einzelnen zu erläutern würde den Rahmen deines Interview-Formats mit Sicherheit endgültig sprengen. Nur so viel: während dieser 4 Tage drehte sich das Leben im Kurs zu 100% um Tee. Zum einen wurden wir mit einer Reihe großartiger chinesischer und nordthailändischer Tees vertraut gemacht, teils Klassiker, teils Spezialitäten und teils Thai-Oolong-Standards. Shana stellte jeden Tee auf eine Weise vor, dass selbst die Teesorten, die ich bereits kannte, beträchtlich an Tiefe gewannen, und ich bin sicher, dass ich diese Tees von nun an für immer in einem anderen Licht sehen werde, in einem Licht, das viel heller ist und viel mehr von den subtilen Details eines Tees beleuchtet als man mit einer oberflächlicheren Herangehensweise überhaupt wahrnehmen würde. Nehmen wir zum Beispiel die Thai Oolongs. Die kannte und mochte ich bereits, bevor Shana sie im Kurs vorstellte. Auch war mir wohl bewusst, dass es hier Leute gibt, die, was Pflück- und Verarbeitungsstandards betrifft, wirklich Tees von außergewöhnlicher Qualität erzeugen. Aber die wahre Faszination dieser Oolong-Tees liegt in den Feinheiten ihres Anbaus und ihrer Verarbeitung. Ich habe bereits erzählt, dass wir in die alte chinesische Art der Teezubereitung und die Kunst der chinesischen Gong Fu Cha Teezeremonie eingeführt wurden. Parallel dazu, dass wir lernten, wie man diese Tees zubereitet und verkostet, besuchten wir den Teegarten, aus dem sie kamen, und die Teefabrik, in der sie verarbeitet wurden, und die damit verbundenen Prozesse wurden uns vor Ort gezeigt und erklärt, wo man sie – anders als bei der Lektüre eines Buches oder dem Studium von Lernmaterialien – wirklich auf eine greifbare Art und Weise verstehen kann. Wir haben sogar einen Ort besucht, an dem über 1000 Jahre alte Teebäume wachsen, was mich angesichts dessen, wie nah wir der tatsächlichen Wiege des Tees waren, sowohl in geographischer Hinsicht als auch betreffend das Alter jener Teebäume, mit tiefer Ehrfurcht erfüllt hat. Eine andere Aktivität, die besonders herausragte, war unser Besuch in einer Pu Erh Tee Fabrik. Ich meine, ich habe Yunnan und einige der Tee-Schauplätze dort besucht und sicher mehr als hundert Publikationen über die Produktion von Pu Erh Tee gelesen, aber ich muss trotzdem zugeben, dass ich nie sicher war, ob ich die involvierten komplexen Vorgänge wirklich richtig verstanden hatte und dieses Verständnis zu meinem tatsächlichen Genuss von Pu Erh Tee in Beziehung setzen konnte. Dort, in der Doi Wawee Pu Erh Tee Fabrik und mit Shana als unserer Lehrerin, kamen Theorie und Praxis an einem Ort zusammen.

Nordthailands alte TeebäumeEinheimischer alter Teebaum in Nordthailand

Thomas: Hast du nach der Vor-Ort-Schulung in Doi Mae Salong auch den Online-Teekurs absolviert?

Kenneth: Ja, natürlich! Weißt du, man kann nicht all die theoretischen Details im Zusammenhang mit Tee in nur 4 Tagen behandeln, so dass die Vor-Ort-Schulung den Schwerpunkt auf die Art von Tee-Erfahrung legte, die du nirgendwo anders als an dem Schauplatz gewinnen kannst, an dem Tee angebaut und produziert wird. Die Theorie dagegen haben sie ganz in den Online-Teekurs gepackt. Obwohl ich viel von dem, was sie uns vermittelten, bereits wusste, fand ich es erstaunlich, wie dieser Online-Kurs es schaffte, Lücken zu füllen, manchmal in Bereichen, wo ich bis dahin nicht einmal gewusst hatte, dass Lücken bestanden. Den Online-Kurs hat Shana gestaltet, und sie hat ihn mit so viel von ihrem Wissen vollgepackt, wie die Anforderung der Verständlichkeit dies erlaubt. Allerdings muss ich sagen, dass ich das Design der Online-Darstellung ein wenig trocken fand. Ich hätte mehr illustrative Materialien erwartet, zum Beispiel Videomaterialien, und ich dachte, einige interaktive Funktionen würden den Online-Kurs insgesamt spannender und unterhaltsamer machen. Nichtsdestotrotz lassen die Lerninhalte nichts zu wünschen übrig.

Mehr Teeverkostung in der Doi Mae Salong Tee-Schule

Ok, Kenneth, lass uns ein Ende ansteuern. Schließlich werde ich das ganze Interview noch in Schriftform bringen und für meinen deutschen Blog ins Deutsche übersetzen müssen. Eine Frage habe ich aber noch auf meiner Liste, die ich dir noch stellen möchte, und zwar die Frage nach dem Spaßfaktor. Kannst du etwas dazu sagen, wie viel Spaß der Kurs dir insgesamt gemacht hat?

Kenneth: Hmmm, ich habe schon gesagt, dass der Online-Kurs ein wenig war wie wieder zu Schule gehen, aber die Vor-Ort-Schulung in Doi Mae Salong hat wirklich enorm viel Spaß gemacht. Ich hatte das Glück, in einer wundervollen Gruppe von Teilnehmern zu sein. Ich habe tolle Leute dort getroffen, einige neue Freunde gefunden und wohl auch ein paar nützliche neue Verbindungen geknüpft. Hier steht wieder Shana an erster Stelle. Es war ein solches Vergnügen, 4 Tage in ihrer Gesellschaft und als ihr Schüler zu verbringen; ich kann es kaum in Worte fassen, wie sehr sie mich beeindruckt hat. Sie ist wirklich wie eine Mentorin für mich in Sachen Tee und ich werde auf jeden Fall versuchen, mit ihr in Verbindung zu bleiben. Und dann… aber das weißt du selbst, Thomas, Doi Mae Salong ist ein derart unglaublicher Ort! Ich meine, dieses Städtchen inmitten dieser Berge, mit seiner ganz besonderen Art von Menschen chinesischer Herkunft unter dem Einfluss der Thai-Kultur. Und was zu der Schönheit der Landschaft und den freundlichen Menschen hinzukommt, ist, dass alles hier sich um Tee dreht. Überall sind Teegärten, nicht nur um Doi Mae Salong herum, sondern die ganze Stadt ist von Teegärten durchwoben. Ich glaube nicht, dass es einen besseren oder geeigneteren Ort für eine Tee-Schule geben kann. Also ja, ich hatte eine phantastische Zeit mit dem Kurs.

Alles dreht sich um Tee: frisch gepflückte Teeblätter / fertig verarbeitete Tees

Thomas: Noch einem vielen Dank für deine Zeit und dieses Gespräch, Kenneth. Ich wünsche dir viel Glück mit Monsoon Teas und viel Erfolg auf deiner Mission, Tee, insbesondere thailändischen Tee in Thailand selbst einem breiteren Publikum nahezubringen.

Kenneth: Auch dir vielen Dank, Thomas, es war mir ein Vergnügen. Viel Glück auch dir und meine besten Wünsche für Jay und seine Teeschule in Doi Mae Salong.

Was also haben wir gehört? Wir haben gehört, dass es ein großartiger Tee-Kurs mit großartigen Leuten und umfangreichen Lerninhalten unter Verwendung eines eher ungewöhnlichen, individuellen, aber nichtsdestoweniger faszinierenden Ansatzes war, wenn auch mit einem etwas trockenen Theorie-Teil. Nun, ich schätze Theorie ist von Natur aus immer ein wenig trocken, und ich finde es eher beruhigend, dass man nichts von der wertvollen Zeit vor Ort in Doi Mae Salong nicht mit dem Büffeln trockener Daten an einem Schreibtisch verbringen muss. Den Online-Teekurs habe ich selbst absolviert und muss Kenneth zustimmen: auch wenn dieser bisweilen als recht trockene Materie herüberkommt, schafft es Shana, die im Online-Kurs als Erzählerin, Tutorin und Ansprechpartnerin fungiert, diesen Tee-Kurs mit so viel Tee-Wissen zu füllen, dass vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen oder Tee-Fachberufler praktisch jeder davon profitieren kann. Ich bedaure sehr, dass ein längerer Aufenthalt in Deutschland aus familiären Gründen es mir nicht möglich gemacht hat, selbst an der Tee-Schulung vor Ort in Doi Mae Salong teilzunehmen. Angesichts des Erfolgs des ersten Kurses bin ich jedoch zuversichtlich, dass der regelmäßigen Veranstaltung von Tee-Kursen in Doi Mae Salongs Teemeister-Schule auch auf längere Sicht nichts entgegensteht, so dass sich auch für mich noch eine Gelegenheit ergeben wird. Für alle an einer Teilnahme an diesem Kurs in naher Zukunft interessierte Personen gibt es jetzt gute Neuigkeiten! Der nächste Kurs (Vor-Ort-Schulung) der Doi Mae Salong Teemeister-Schule mit ITMA Teemeister-Zertifizierung ist angesetzt für den Zeitraum

8. Mai – 12. Mai 2015.

Für Rückfragen und Anmeldungen stehe ich unter der folgenden E-Mail-Adresse gern zur Verfügung:

thomas@siam-tee.de.

Doi Mae Salong Tee-Schule, erster Kurs November 2014, Collage