Feb / März 2014 Frühlingstee und Flugzeuge – des Jahres erste Teeernte

DER TEESPIEGEL - Der Blog im Siam Tee Blog: Logo 31. März 2014

Frühlingstee und Flugzeuge – des Jahres erste Teeernte

Verkostung frischer 2014 Frühlings-Thai Oolong

Wer beginnt, sich mit Tee zu beschäftigen, dem wird bald auffallen, dass dem Frühling nicht nur in der Welt der Menschen, sondern auch in der Welt des Tees ein ganz besonderer Stellenwert zukommt: mit Ehrfurcht und freudig-banger Erwartung wird in Teeliebhaberkreisen von Frühlingsernten gesprochen, von „First Flushes“, Tees der ersten Ernte des Jahres. Es gibt Teesorten, die das Wort „Spring“ in ihrem Namen tragen, und solche, die überhaupt nur einmal jährlich, nämlich im Frühling geerntet werden können. Und damit Teefreunde in den wohlhabenden, nicht teeerzeugenden Ländern Mitteleuropas nicht bis zum Sommer warten müssen, bis der aktuelle First Flush, wie der Tee der ersten Ernte des Jahres in Darjeeling genannt wird, endlich in ihrer Tasse landet, scheuen die indischen Erzeuger keine Kosten und versenden die ersten, in Abhängigkeit von Kultivar, Höhenlage und Klima gewöhnlich zwischen Ende Februar und Mitte April eingebrachten Chargen frisch von der Ernte und Verarbeitung per Flugzeug nach Europa, wo Einzelhändler und Liebhaber dem Eintreffen dieser sogenannten „Flugtees“ bereits mit gespannter Erwartung entgegensehen. Aber was ist es genau, das den Tee dieser ersten oder frühen Ernten des Jahres so interessant und so besonders macht, und: ist diese Besonderheit reserviert für Darjeeling-Tee?

Verkostung frischer Frühlings-Oolong-Tees Nordthailand 2014

Allen typischen Teeanbauregionen ist klimatisch unter anderem die Existenz eines regelmäßigen „Winters“ im Jahreszeitenzyklus gemein. Mit Winter ist hierbei allerdings kein Winter gemeint, wie wir ihn kennen, also mit Schnee und Eis und klirrender Kälte, sondern eine gemäßigte Kühle, oder vielmehr Wärme, wie wir Mitteleuropäer sie eigentlich als sehr angenehm empfinden. In den Teeanbaugebieten Nordthailands beispielsweise, in Höhenlagen zwischen 600 und 1600 Metern, fallen die Temperaturen während der Wintermonate (Dezember bis März) nachts zwar bis unter 10°C, in den höheren Lagen sogar bis auf den Gefrierpunkt, aber tagsüber wird es zur gleichen Zeit bei täglichem Sonnschein doch immer mindestens 25 Grad warm oder mehr. Die Prozesse der Erzeugung von Wirk- und Geschmacksstoffen, wie sie während der Frühlings- und Sommermonate in der Teepflanze stattfinden, sowie des zielgerichteten Treibens der so entstehenden Teesäfte in die jungen Blätter und Triebe kommen in dieser Zeit annähernd zum Stillstand, ebenso wie auch die Bildung junger Triebe selbst. Dennoch geschieht in den Teepflanzen während der Wintermonate nicht etwa nichts: Anlagen für neue Wirk- und Geschmacksstoffe, für einen neuen Erntezyklus werden gebildet, die Pflanze ruht sich sozusagen aus, „tankt auf“, um die angesammelten Säfte dann bei Einsetzen wärmerer Temperaturen mit frischer Kraft in die jungen Frühlingstriebe zu schießen. Dazu kommt ganz allgemein der „Frische-Effekt“, der darauf basiert, dass ein frisch geernteter und verarbeiteter Tee dem gleichen Tee mehrere Monate oder Jahre alt immer ein gewisses Etwas, nämlich seine schmeck-, riech- und fühlbare Frische, voraushaben wird.

Verkostung der Oolong-Tee-Frühlingsernte 2014 aus Doi Mae Salong

Aber die Frühlingsernte bedeutet noch mehr als „nur“ den besten Tee des Jahres. Sie gibt Erzeugern wie Konsumenten Auskunft darüber, wie gut der Tee eines Jahres auch im weiteren Verlauf desselben sein wird. Sind die Frühlingstees in einem Jahr besonders gut, so kann man davon ausgehen, dass auch im weiteren Verlauf des Jahres relativ guter Tee geerntet werden wird, und umgekehrt. Der Winter ist daher von großer Bedeutung für die Qualität der Teeernten eines Jahres, und es wird deutlich, wie der Klimawandel so für viele traditionelle Teeanbaugebiete zu einem Bedrohungsszenario wird. Ein weiterer Problemaspekt im Zusammenhang mit Frühlingsernten ist das Timing der ersten Pflückung: aus der großen Popularität von Frühlingsernten und der damit verbundenen starken Nachfrage nach Frühlingstees / First Flushes bereits ab Ende Februar resultiert ein gewisser Druck auf die Erzeuger, zu den ersten Anbietern zu gehören, die ihre frischen Frühlingstees in einem gegebenen Jahr auf den Markt bringen. Oft sind Kontingente dieser Ernte bereits vorbestellt und es liegt nun im Ermessen des Teebauern, wann er diese nachgefragten bzw. bereits bestellten Tee-Kontingente ernten wird. Die Gefahr dabei ist die von zu frühen Ernten, wenn Tee wird in einem Zustand noch nicht optimaler Reife zu früh gepflückt wird, um früh am Markt zu sein und sich damit zumindest kurzfristig gesehen in eine gute Marktposition zu bringen. Insbesondere in Zeiten wie diesen, in denen Tee in westlichen Gesellschaften ein Trend und die Nachfrage daher überdurchsschnittlich hoch ist, ist auch das Phänomen des Marktdrucks in Richtung zu früher Ernten keineswegs auf Darjeeling begrenzt, sondern kann beispielsweise auch in China oder hier in Nordthailand beobachtet werden. Dem leidenschaftlichen Teeliebhaber ist daher von einem zu frühen Aufspringen auf den „Frühlingstee-Zug“ eines gegebenen Jahres abzuraten und Angebote frischer „Flugtees“ bereits im Februar mit Vorsicht zu genießen.

Frühlings-Oolong-Tees Doi Mae Salong, Nordthailand, 2014: Gong Fu Cha

Wir kennen die Begriffe „First Flush“ und „Flugtee“ von Tee aus Darjeeling, aber wie steht es mit der Bedeutung des Frühlings für andere Teeanbauländer wie beispielsweise China, Taiwan, oder in unserem Fall Nordthailand ? Nun, natürlich spielt der Frühling in diesen Ländern eine ebenso wichtige Rolle für den Teeanbau wie in Indien. Viele klassische chinesische Teesorten können nur im Frühling geerntet werden. Oft wird der von einem bestimmten Kultivar im Frühling gepflückte Tee, verglichen mit dem während der Sommer- und Herbstmonate geerneten, nicht nur unter einem anderen Namen gehandelt, sondern hat tatsächlich auch ganz andere Geschmackseigenschaften. Ein gutes thailändisches Beispiel hierfür ist unser DMS Cing Xin Oriental Beauty Oolong Tee: nur einmal im Jahr, im Frühling, kann dieser Tee von dem aus Taiwan importierten Cing Xin Kultivar gepflückt werden. Pflückungen von demselben Strauch während des restlichen Jahres werden zu grünem Tee, unserem DMS Cing Xin Green Pearls, verarbeitet. Und wenn, typischerweise im März, die ersten Ernten des Jahres von unseren (ebenfalls aus Taiwan importierten) Oolong-Tee-Kultivaren Ruan Zhi Nr. 17, Jin Xuan Nr. 12 und Si Ji Chun Four Seasons Oolong eingebracht werden, so sind wir auf diese Pflückungen ebenfalls nicht nur deshalb gespannt, weil wir bei dieser Gelegenheit die beste Qualität dieser Oolong-Tees erhalten, sondern auch, weil wir dann wissen, wie gut die Tees in diesem Jahr generell werden wird, also beispielsweise auch Teesorten, die auf den Teeblättern dieser Kultivare basieren, wie z. B. unser Dong Ding Oolong Tee (basierend auf Ruan Zhi Nr. 17 Kultivar), unser Jin Xuan Black Pearls und viel später im Jahr dann der Jin Xuan „Raufreif“Oolong Tee (Winterernte).

Verkostung der Tee-Frühlingsernte aus Doi Mae Salong 2014

Abschließend noch ein paar aktuelle Daten zur diesjährigen, gerade begonnenen Frühlingsernte 2014 in Nordthailand. Nordthailand hatte während der Monate um die Jahreswende 2013/2014 trotz der allgemeinen Tendenzen des Klimawandels seinen „normalsten“ Winter seit Jahren, mit eben dem oben beschriebenen Temperaturmuster konstant über Monate, und folgend einer „ordentlichen“, niederschlagsreichen Regenzeit. Die ersten Tees dieses Jahres, die ich hier in Chiang Mai gerade kürzlich zum Verkosten hereinbekam, unser Jin Xuan Oolong Nr. 12, Ruan Zhi Oolong Nr. 17 und Four Seasons Oolong Tee sind dementsprechend: hoch aromatisch, vollkörprig, die jeweilige Charakteristik der einzelnen Tees besonders stark ausgeprägt, und insgesamt ein Indikator, dass unsere Thai-Tees in diesem Jahr noch einmal deutlich zugelegt haben im Vergleich zu dem nicht ganz optimalen Jahr 2013, in dem der Frühling einem ungewöhnlich warmen Winter folgte. Und, last but not least, bietet auch die thailändische Post Air Mail-Sendungen nach Deutschland an, und daher gibt es mit Stichtag 31. März die drei oben erwähnten Teesorten im Siam Tee Shop in frischest möglicher Frühlingsqualität direkt per Flugzeug, also quasi als „Flugtees“, von der ersten Teernte des Jahres 2014 in Doi Mae Salong, Nordthailand!