Long Jing „Drachenbrunnen“ Grüner Tee – Authentisch & Wild
Viele der kIassischen Tees Chinas gehen auf eine Legende zurück bzw. haben ihre Namen von einer Legende erhalten. Oft, wie zum beispiel im Fall von Tie Guan Yin Oolong Tee, sind dies mythische, an Märchen erinnernde Geschichten, in anderen Fällen, wie beispielsweise im Fall der Entstehungsgeschichte von Lapsang Souchong Tee, sind es Geschichten, die wahr sein könnten oder auch nicht, und in wieder anderen Fällen, wie bei Long Jing Tee, rankt sich eigentlich nichts wirklich Sagenhaftes um die Geschichte der Entdeckung oder Herkunft eines Tees.
Eines haben alle drei Fälle gemeinsam: es gibt immer einen „Originalschauplatz“, und ob mythisch oder nicht, angesichts historischer oder fiktionaler Hintergründe, die über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende in die Geschichte zurückreichen, üben solche Orte auf den Teeliebhaber nicht nur angesichts der Beziehung, die wir über den von dort stammenden Tee zu ihnen aufbauen, eine besondere Anziehungskraft aus, sondern haben immer auch etwas Ehrfurchtgebietendes.
Die Hauptgründe hierfür sind wohl zum einen die vergangene Zeit, die kaum ein Gebäude oder anderes von Menschen gemachtes Werk überdauert hat, während die Teebüsche oder Bäume auch nach Hunderten oder gar Tausenden von Jahren (siehe auch Da Hong Pao oder Pu Erh Tee) immer noch die gleichen sind, und zum anderen ist es die exotische Kultur, und natürlich vor allem die Teekultur des alten Chinas, deren Faszination selbst Jahrzehnte des Kommunismus sowie die vielen anderen „Anfeindungen“ der Neuzeit offenbar gerade in China nur wenig von ihrem Reiz nehmen konnten.
So steht bei dem Dorf Longjing, nahe der Stadt Hangzhou in der Region Westlake der chinesischen Provinz Zhejiang, bis heute der „Drachenbrunnen“, dessen Wasser aus einem Drachenkopf sprudelt, und unweit davon stehen noch heute die 18 Teepflanzen, von denen die Geschichte erzählt, Qianlong, Enkel und späterer Nachfolger des der Qing-Dynastie angehörigen chinesischen Kaisers Kangxi (Amtszeit 1661-1722), habe den Tee dieser Pflanzen einst auf einer seiner Reisen, die ihn an diesem Ort vorbeiführte, verkostet und besagten Teepflanzen aufgrund seiner Begeisterung für diesen Tee daraufhin imperialen, d.h. kaiserlichen Status verliehen. Der Tee dieser Teepflanzen wird seither als Long Jing Tee (Long Jing = Drachenbrunnen) bezeichnet.
So sehr uns diese Geschichten und die mit ihnen verbundenen Original-Schauplätze und „Original-Teepflanzen“ begeistern mögen, den Tee von einer der 18 originalen Longjing-Teepflanzen, oder den Tee von einer der 5 (in Worten: fünf) Original Da Hong Pao Teepflanzen, oder den Pu Erh Tee des über 3500 Jahre alten, ältesten lebenden Teebaums der Welt bei Kun Ming in der chinesischen Provinz Yunnan werden aufgrund der von ihrer Seltenheit in schwindelnde Höhen getriebenen Preise nur die allerwenigsten, sprich: nur die Betuchtesten von uns je im Leben zu verkosten Gelegenheit haben. Deshalb müssen wir als weniger betuchte Teeliebhaber nun nicht verzagen, denn zum Glück ist das nicht wirklich schlimm: aus Teepflanzen lassen sich Ableger ziehen, und so verbreiten sich chinesische Tee-Kultivare typischerweise im Laufe der Zeit nicht nur zunächst im weiteren Radius um seinen Ursprung herum , sondern oft auch über die Grenzen Chinas hinaus und heute – im Zeitalter der Globalisierung – sogar bis in weiter entfernte Länder rund um den Globus.
So schafften es chinesische Tee-Kultivare bereits vor langer Zeit nach Taiwan und nach Indien, Taiwan exportierte die Ergebnisse seiner Oolong-Kultivar-Forschung in Form spezieller, angepasster Hybride in die verschiedensten Länder aus (z. B. Thailand) und in jüngster Zeit hören und lesen wir von überlegenen Qualitäten in Südindien angebauter chinesischer Teesorten. Pu Erh Tee wird längst nicht mehr nur in der Region Pu Erh hergestellt, taiwanesischer Oriental Beauty ist so berühmt, dass viele denken, dieser Tee stamme von dort, und Bai Mu Dan weißen Tee gibt es heute beispielsweise auch aus Bihar. Und dies sind nur einige populäre Beispiele für die Ausbreitung einzelner Teekultivare, die an einem anderen Ort der Erde unter vergleichbaren klimatischen und geologischen Bedingungen eben auch einen vergleichbaren Tee produzieren.
Die in Teeforen immer mal wieder gestellte Frage, wann, ob, und unter welchen Umständen ein Tee denn überhaupt „authentisch“ sei, ist dabei eine eher müßige: ist es der gleiche Tee, so ist er sicherlich authentisch, und ist es nicht der gleiche Tee, so ist er es sicherlich nicht, und das zunächst einmal ungeachtet seiner geographischen Herkunft. Anders ausgedrückt: was wie ein Pu Erh Tee hergestellt wird und wie ein Pu Erh Tee schmeckt, muss auch dann Pu Erh Tee heißen dürfen, wenn er nicht aus Pu Erh kommt, und das gleiche gilt sicherlich auch für einen Long Jing Tee
. Natürlich wird die genaue Herkunft eines Tees für Teeliebhaber von Bedeutung sein, vielleicht besteht bei vielen sogar eine Präferenz für den Kauf eines Tees aus seinem jeweiligen ursprünglichen Anbaugebiet, und genau deshalb ist die Angabe der genauen geographischen Herkunft eines Tees unserer Meinung nach auch immer ein absolutes Muss mit jedem Teeangebot. Und natürlich werden identische Kultivare an verschiedenen Orten und unter entsprechend verschiedenen Bedingungen auch unterschiedliche Eigenschaften wie beispielsweise unterschiedliche Geschmacksnuancen entwickeln, ein zusätzliches und keineswegs unbedeutendes Argument für die Notwendigkeit der Identifikation der Herkunft eines Tees. Dennoch finden wir nicht, dass die namentliche Identität eines Tees an einen bestimmten Radius rund um den Ort seiner ursprünglichen Herkunft gebunden sein sollte, und tatsächlich wäre ein solcher Anspruch wohl letztlich kontraproduktiv, da er die sinnvolle Zuordnung und Identifikation eines Tees stark erschweren, aber keinerlei Vorteile bieten würde.
Gerade in der Welt des Online-Handels und bei solch populären Namen wie Long Jing Tee gilt auch für Webseiten im übertragenen Sinne oft das alte Sprichwort „Papier hält still“, und so kann es wohl durchaus vorkommen, dass ein eher beliebiger grüner Tee im Handel auch einmal zu Unrecht als Long Jing Tee bezeichnet wird. Werbewirksame, nicht geschützte Namen und Attribute werden inbesondere im Online-Teehandel immer wieder zur Aufwertung von Tees benutzt, die diese Namen oder Attribute „technisch“ gesehen nicht wirklich verdienen. Ein Grund mehr, Tee nur bei bekanntermaßen seriösen Händlern zu kaufen. Andererseits ist die Abgrenzung und Bestimmung der Authentizität gerade bei dem sehr typischen und eng definierten Long Jing Tee selbst für den Laien eigentlich recht einfach: da wäre einmal die charakteristische homogene Form der getrockneten Long Jing Teeblätter, dann die gleichmäßig hellgrüne, ins Gelbliche reichende Farbe der nassen Blätter, und nicht zuletzt natürlich der für grünen Longjing-Tee typische, durch eine sehr eigene florale Note ergänzte Geschmack nach gerösteten Maronen (Esskastanien), Merkmale, die in dieser Kombination so einzigartig sind, dass eine Verwechslung mit einem anderen grünen Tee kaum möglich ist.
Nun, unser Wilder Spring Long Jing Tee kommt von unweit des Originalschauplatzes und ist auch „technisch“ und qualitativ ein echter und authentischer Long Jing Tee, und dazu ein außergewöhnlich guter solcher: nur einmal jährlich (Anfang April, zur besten Erntezeit für Long Jing Tee) geerntet in einem in über 1300 Meter Höhe gelegenen („High Mountain Long Jing“), Mitte der 80er Jahre verlassenen und seitdem verwilderten Teegarten von über 100 Jahre alten Teebüschen, die über Jahrzehnte nicht zurückgeschnitten wurden, besitzt dieser Long Jing Tee ein überdurchschnittlich starkes „Qi Cha“, das sich einem besonders ausgeprägten Geschmack sowie in einem Potential für eine für grüne Tees ungewöhnlich hohe Anzahl von Aufgüssen offenbart: unser traditionell von Hand geernteter (Pflückstandard: nur die frischen Triebe des noch jungen Frühlings plus die jeweils dazugehörigen obersten beiden Blätter) und in der Wok-Pfanne gerösteter wilder Spring Long Jing Tee ergibt bereits nach westlicher Zubereitungsmethode mindestens 4 vollwertige Aufgüsse, in einer chinesischen Gong Fu Cha, die den Schwerpunkt auf die Herausarbeitung einzelner Geschmackskomponenten durch besonders kurze Aufgusszeiten legt, sogar mehr.
Neugierig geworden? Weitere Infos und Illustration findet ihr neben der Bestellfunktion im Siam Tee Shop unter folgendem Link:
Pingback : Der wahre Wert von Tee – ein holistischer oder ‘Qi’-Ansatz, Teil 1: die Prozess-Dimension
Solche Plätze, derart grosse Teekultur,
sollte zum „Weltkultur-Erbe“ erhoben werden —
meine grösste Anerkennung für diese einmalige
chinesische Kulturleistung.
Jan. 2015