Thai-Tee / Teeanbau in Thailand
Thai-Tee: Tee-Anbau in Thailand
Martin Krieger merkt in seinem Buch “Tee – eine Kulturgeschichte” folgendes an:
“Einzelne Bergstämme in Indien, China, Thailand und Burma stießen zunächst eher zufällig auf die belebende, konzentrationsfördernde und sogar heilende Wirkung der Blätter des Tees, und das Alte China auf die Möglichkeit seiner kommerziellen Vermarktung.”
Wer den chinesischen Sinn für Geschäft und die Verwurzelung der Teekultur und Tee-Kultivierung im Leben der nord-thailändischen Bergstämme kennt, wird dieser Version zumindest eine gewisse historische Wahrscheinlichkeit einräumen. Es liegt daher nahe, dass in dem Gebiet, das heute die Grenzregion Nord-Thailand/Burma bildet, bereits sehr früh Tee von Bergstämmen zum Eigenverbrauch angebaut wurde und die Geschichte von Thai-Tee somit sehr viel weiter zurückreicht als allgemein angenommen.
Die gezielte Kulitivierung der Tee-Pflanze zu kommerziellen Zwecken in Thailand und das Bekanntwerden von Thai-Tee überall in der Welt ist allerdings sehr viel jüngeren Datums, und wieder waren es Chinesen, die hierbei eine entscheidende Rolle spielten. Dies aber ist eine lange Geschichte, die ihren Anfang im Jahr 1949 hat…
Die Kuomintang-Armee
Maos Kulturrevolution hatte den Sieg errungen und die im Yünnan heimischen konterrevilutionären Truppen unter General Chiang Kai Shek wurden über die chinesisch-burmesisch Grenze zurückgedrängt, wo sie zunächst ausharrten, um zu ge-
gebener Zeit den Kampf wieder aufzunehmen. Mao und seiner Kommunistischen Partei gelang es jedoch sehr schnell, ihre Macht in ganz China zu zementieren. Ein militärisches Vorgehen gegen die Revolutionsarmee war zum Scheitern verurteilt, eine Rückkehr nach China unmöglich. Die kommunistische Revolution genoss einen Ruf dafür, wie sie mit Konterrevolutionären verfuhr, wenn sie ihrer habhaft wurde.
Doi Mae Salong, Thailand
Von Burma aus migrierten Gruppen dieser chinesischen Kuomintang-Soldaten bald weiter nach Thailand und Taiwan, wo sie typische yünnanesische Gemeinden gründeten. Die bedeutendste dieser Gemeinden in Thailand ist Doi Mae Salong, ein kleines, malerisches Städtchen, gelegen in einer Höhe von 1800 m über dem Meeresspiegel, inmitten der magischen Szenerie der nord-thailändischen Bergwelt. Das Gebiet ist Teil des legendären Goldenen Dreiecks, und es kann davon ausgegangen werden, dass die Kuomintang-Chinesen Doi Mae Salongs ihren Anteil hatten, wenn nicht gar eine entscheidende Rolle in dem schwunghaften Opiumhandel spielten, für den das Goldene Dreieck sich weltweit einen Namen gemacht hat.
Doi Tung Tee / Königliches-Thailändisches Entwicklungsprojekt
Den vergleichweise frühen Ausstieg aus der Opiumkultivierung in kommerziell relevantem Umfang verdankt Thailand seinem Königshaus, namentlich seinem seit 1946 regierenden Monarchen König Bhumibol Adulyadej Rama IX.
König Bhumipol, jahrzehntelang in vielerlei Hinsicht ein Segen für sein Land, erkannte früh, dass es sinnlos war, den Opiumanbau und -Handel, welche einen entscheidenden Teil des wirtschaftlichen Fundamentes der ortsansässigen Bevölkerung darstellte, allein mit dem Erlass einschlägiger Gesetze und deren polizeilich-militärischer Durchsetzung zu bekämpfen. Er erkannte, dass er den Menschen diese wirtschaftliche Grundlage nicht entziehen konnte, ohne ihnen einen Ersatz dafür zu bieten.
In dem so entstehenden Kontext der Substituierung des Opiumanbaus durch andere, legale, sozialverträglichere und nachhaltige Agrarprodukte, wurden die höheren Lagen Nord-West-Thailands an der Grenze zu Burma als bestens geeignet für den Anbau von Tee befunden. Auf Initiative des Königlichen Entwicklungsprojektes wurden Experten aus Taiwan hinzugezogen, um zu bestimmen, welche der taiwanesischen Oolong-Kultivare am besten für die Hänge Nordwest-Thailands geeignet seien. Die so identifizierten Kultivare, der Jin Xuan Oolong Nr. 12 und der Ruan Zhi Oolong Nr. 17 wurden importiert und umstellungswilligen Farmern zum künfitigen Anbau von Tee zur Verfügung gestellt. Viele der im ethnischen Schmelztiegel Nordthailand ansässigen Völker, ursprünglich aus Regionen Chinas und Tibets Geschichte eingewandert, besannen sich ihrer eigenen Tee-Kultur und Tradition, so dass die Initiative auf äußerst fruchtbaren Boden fiel und Thai-Tee sich letztendlich einen dauerhaften Eintrag auf der Weltkarte des Teeanbaus erobern sollte.
Detaillierte Informationen und Illustrationen über die Arbeit des Königlichen Entwicklungsprojekts und den resultierenden Tee-Anbau auf dem Doi Tung finden sich in unserem Artikel
“Mohnfelder zu Teegärten – Das Königliche Entwicklungsprojekt”
sowie in unserem Doi Tung Reisebericht
“Die Teegärten des Doi Tung – auf den Spuren des Königsprojekts”
.
Tee-Anbau in Doi Mae Salong
Umfang und Nachhaltigkeit der königlich-thailändischen Agrar-Projekte sind weltweit beispielhaft. Für den Teeanbau in Doi Mai Salong ist König Bhumibhol nicht verantwortlich, wohl aber dafür, dass das Einkommen aus Opiumanbau in der Bergenklave binnen weniger Jahre vollständig durch eines aus dem Anbau von Tee und zum kleineren Teil einiger anderer Cash Crops substituiert wurde. Die Gemeinde Doi Mae Salong machte aus der Not eine Tugend. Das Anbaugebiet produziert heute über 200 t Tee jährlich, und die Qualität der thailändischen Tees, insbesondere der lokalen Oolong-Tees, aber auch der Grünen Tees und in jüngster Zeit eines hier produzierten Schwarzen Tees, für welche die Pflanzen ursprünglich aus Taiwan importiert wurden, gewinnt seit einigen Jahren stetig an weltweiter Reputation für das unverwechselbare, sanfte Aroma der Thai-Tees und deren gesundheitlichen Benefits.
Doi Mae Salong ist für den Tee-Anbau wie geschaffen. Höhenlage und Klima, Bedingungen, die denen der taiwanesischen Anbaugebiete gleichen, aus denen die Teepflanzen importiert wurden, ermöglichen den Anbau feinster grüner Tees und Oolong-Tees. Das Anbaugebiet produziert zudem mit Jasminblüten aromatierte Tees, das chinesische “Unsterblichkeitskraut” Jiaogulan, die exklusive thailändische Tee-Spezialität ‚Cha Khao Hom Thai Reistee‘ sowie Ginseng-Tee und andere aromatisierte Thai-Tee-Sorte wie zum Beispiel Osmanthus Oolong Tee.
Während man vor 20 Jahren in Doi Mae Salong noch einen Straßenmarkt vorfand, der eine homogene Fusion aus yünnanesischer Dorfidylle und touristischem Anspruch zu sein schien (Schlangen und andere Tiere in Alkohol und andere Obskuritäten), wird die Dorfstraße heute auf beiden Seiten vom Teehandel geprägt. Die Schlangen in Alkohol sind heute verboten, dafür bieten selbst die Geschäfte, die auch etwas anderes anbieten, in der Hauptsache Tee an sowie alles rund um den Tee wie Tee-Services, chinesische Tee-Tischchen, Tee-Stövchen usw. Am Dorfrand liegen einige “Tee-Fabriken” (größere Holzschuppen mit Schildern, auf denen chinesische Schriftzeichen etwas verraten, von dem ich nie erfahren werde, was es ist) sowie eine kleine Reihe besserer Touristen-Resorts, die sich gekonnt verstecken, um das Stadtbild nicht in Mitleidenschaft zu ziehen.
Doi Mae Salong ist definitiv eine Reise wert. Mehr dazu in unserem Artikel
Doi Wawee
Eine andere Kuomintang-Siedlung, etwas westlich von Doi Mae Salong gelegen und kleiner als dieses, ist Doi Wawee. Trotz seiner kleineren Rolle in der nordthailändischen Thai-Tee-Produktion im Vergleich zu Doi Mae Salong wird das Bild von Doi Wawee heute ebenfalls überwiegend vom Tee-Anbau geprägt. Die Initiative für den Import hochwertiger Tee-Pflanzen aus Taiwan ging im Jahr 1996 von hier aus, während Doi Mae Salong, die größere „Schwesterstadt“, die Idee erst 2 Jahre später aufgriff.
Eine Besonderheit der Tee-Produktion in Doi Wawee ist die Herstellung von Pu‘ Er-Tee nach der traditionellen chinesischen Methode.
Weitere Tee-Anbaugebiete in Nord-Thailand
Auch andere Gebiete Nord-Thailands, die über den Segen einer entsprechenden Höhenlage verfügen, arbeiten seit einigen Jahren erfolgreich daran, sich einen internationalen Namen als Tee-Anbaugebiete zu machen, insbesondere die weitgehend vom königlich-thailändischen Entwicklungsprojekt initiierten und geförderten Tee-Anbaugebiete Doi Tung und Doi Chang.
Tee-Anbau in den Shan-Gebieten
Im Nordosten Burmas bis hinunter zur thailändischen Grenze leben seit jeher die Shan. Ursprünglich aus China stammend, bauen auch die Shan in den Höhenlagen der Region rund um die nord-thailändisch/burmesische Grenze seit Jahrhunderten Tee an. Die Shan nennen ihre Pflanzen ‚Ning Lung‘. Klima und Höhenlage bieten die optimalen Voraussetzungen für einen besonders feinen Tee.
Nach den Burmanen stellen die Shan die zweitgrößte ethnische Gruppe im Vielvölkerstaat Burma. Seit Jahrzehnten leiden sie, wie so viele andere Ethnien in Burma unter der Repression der burmesischen Militärjunta gegen ihr Volk. Menschenrechtsverletzungen wie Vertreibung, Zwangsumsiedlung, Zwangsarbeit, Vergewaltigung u.v.m. sind im Shan-Staat seit langer Zeit an der Tagesordnung. Auf der Flucht vor den Soldaten stranden zehntausende an der thailändisch/burmesischen Grenze, wo sie zwischen Baum und Borke festsitzen. Zurück geht es nur mit sehr hohem Risiko für Leib und Leben und der legale Weg nach Thailand bleibt ihnen versperrt. So landen viele entweder in der Illegalität in Thailand oder richten sich, so gut es geht an der Grenze ein.
Politische Rücksichtnahmen, die Unzugänglichkeit der bewaldeten Berglandschaft des Shan-Staates und die pressefeindliche burmesische Politik haben bewirkt, dass das Thema nur allzu selten die westlichen Schlagzeilen macht. Die deutsche Flüchtlings-Hilfsorganisation “Helfen ohne Grenzen” hat es sich zur Hauptaufgabe gemacht, die Not der Shan-Flüchtlinge auf beiden Seiten der Grenze zu lindern und beispielsweise Kindergärten und Schulen für Kinder in betroffenen Gemeinden und Flüchtlingscamps einzurichten. Helfen ohne Grenzen betreibt in diesem Zusammenhang auch ein umfassendes medizinisches Hilfsprogramm, für welches nicht nur aufgrund der fortwährenden militärischen Auseinandersetzungen zwischen der burmesischen Armee und den verschiedenen militärischen Rebellenorganisationen, sondern auch aufgrund der massiven Übergriffe des burmesischen Militärs auf die Zivilbevölkerung ein enormer Bedarf besteht. Das Engagement von Helfen ohne Grenzen involviert darüber hinaus die Initiierung und aktive Unterstützung eines Projektes für den Anbau von Cash Crops zur nachhaltigen Verbesserung von Einkommen und Lebensgrundlagen der Flüchtlinge auf thailändischer wie auf burmesischer Seite der Grenze.
Eines dieser Cash Crop-Projekte ist der Anbau von Tee. Viele Shan sind von Kindesbeinen an mit der Kultivierung von Tee-Bäumen, der Weiterverarbeitung der Blätter zum Tee-Getränk sowie verschiedenen Verfeinerungs- und Aromatisierungsmethoden vertraut. Klima und Höhenlageeichen waren optimal und so wurde vor nunmehr über 2 Jahren mit dem Urbarmachen von Land für eine Tee-Plantage begonnen…
Vor allem die Säuberung des für den Anbau von Tee besonders gut geeigneten Hanges ist beschwerlich.
Die Arbeit verläuft im landesüblichen Stil: Meist arbeitet irgendwer, meist macht irgendwer Pause, oft machen auch alle Pause, manchmal arbeiten auch alle. Nach dem Vorbereiten des Landes erfolgt die Einsaat:
Nach getaner Arbeit versammeln sich alle Beteiligten andächtig am Schauplatz der zukünftigen Tee-Plantage.
Und nach nicht allzu langer Zeit sprießen dann auch schon die ersten Tee-Pflänzchen aus dem Boden.
Dank der Hilfe von Helfen ohne Grenzen wird es uns wahrscheinlich in spätestens 2 Jahren möglich sein, den von den Shan in diesem Projekt angebauten Tee bei SiamTee zum Verkauf anzubieten.
In der Zwischenzeit bieten wir einen von Shan-Farmern auf der thailändischen Seite der Grenze angebauten, vor uralten Teebäumen geernteten ShanTee* an, der nicht nur eine Bereicherung für unsere Kunden und unser Geschäft darstellt, sondern das auch eine adäquate direkte Unterstützung für die Shan-Bauern in Form einer lukrativen Absatzmöglichkeit realisiert. Darüber hinaus soll der Verkauf ihres Tees in Deutschland den Shan auch via einer prozentualen Abgabe von dem aus dem Verkauf des Tees erzielten Erlöses an Helfen ohne Grenzen indirekt, aber äußerst gezielt zugute kommen.
*Mehr und ausführliche Infos über ShanTee und seinen Herkunftsort Pang Kham an der thai-burmesischen Grenze in Thailand findet der interessierte Leser in meinem Artikel
„Pang Kham: Tee-Dorf im Niemandsland“
Infos zu unserem „Projekt ShanTee“ zur Generierung von Finanzmitteln für die aktiven Unterstützung der Hilfe für Flüchtlinge aus Burma sowie zur Generierung eines Absatzmarktes für kleine Shan-Teefarmer entlang der Grenze sind zu finden unter
sowie in dem einschlägigen, dem Projekt ShanTee gewidmeten
Artikel auf der Webseite von Helfen ohne Grenzen
Weitere Infos, Artikel, Fotos sowie eine Reihe von Videos zum Thema Flüchtlingshilfe in Burma findet ihr auf der Webseite von Helfen ohne Grenzen unter
www.helfenohnegrenzen.de
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