Thai-Tee Blog

Verbreitung der Teekultur in Asien

Die Verbreitung der Teekultur über die Grenzen Chinas hinaus - Teekulturen der Welt

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Der „Entdeckung und Entwicklung von Tee als Getränk in China“ haben wir bereits einen eigenen Blog-Artikel gewidmet. Bei der Lektüre des Artikels wird klar, dass eigentlich alle bekannten Anbau- und Verarbeitungsmethoden von Tee ihren Ursprung in China haben. Dem Produkt Tee als solches haben dann auch andere große Erzeugerländer Asiens zunächst einmal wenig hinzuzufügen. Und noch weniger Länder Europas oder der USA, in denen der Teeanbau keine oder noch eine sehr junge Tradition hat.

Die jeweilige nationale oder regionale Ausprägung des Teegenusses definiert sich in Ländern außerhalb Chinas deshalb weniger durch den Tee selbst als durch die ihn umgebende „Teekultur“. Entwickelt hat sich außerhalb Chinas also weniger der Tee selbst, sondern vielmehr eine Reihe individueller Teekulturen. Diese wiederum schulden ihre individuelle Ausprägung jeweils der Kultur der spezifischen Region oder Gesellschaft. Was dabei eigentlich immer mehr oder weniger gleich bleibt, ist der Tee….

Die chinesische Teekultur ist die älteste der Welt

Chinas Teekultur ist die Mutter aller Teekulturen

1. Erzeugerländer ohne Teekultur

Es erscheint uns bemerkenswert, dass Tee als Getränk in einigen der wichtigsten teeproduzierenden Länder der Welt kaum eine Rolle spielt. Das bedeutet, dass diese Länder zwar Tee kultivieren, aber kaum über eine eigene Teekultur verfügen. Deshalb interessieren uns Länder wie Sri Lanka, Indonesien oder Kenia bei der Betrachtung der Entwicklung der Teekulturen eher weniger.

Dazu ein Beispiel: Sri Lanka hat im Jahr 2014 knapp 340.000 Tonnen Tee produziert und von diesen knapp 320.000 Tonnen exportiert. Für den Konsum im eigenen Land bleibt da wenig.

Hintergrund des Anbaus in diesen Ländern ist der Versuch der Kolonialmächte, sich vom chinesischen Monopol des Teeanbaus und der damit verbundenen wirtschaftlichen Abhängigkeit von China zu befreien. So baute man den Tee lieber in den eigenen Kolonien an, wo Anbau, Handel und Export der eigenen Kontrolle unterlagen. Eine Diffusion des Teegenusses in die Allgemeinbevölkerung einiger dieser Länder hat aber bis zum heutigen Tag nur begrenzt oder gar nicht stattgefunden.

2. Teekulturen im Dunstkreis Chinas

Gepresster Tee aus Ha Giang, Vietnam

Gepresster Tee aus Ha Giang, Vietnam (angrenzend Yunnan)

Im unmittelbaren kulturellen Dunstkreis Chinas haben sich eine ganze Reihe von Teekulturen entwickelt. Diese weisen zum einen individuelle, der eigenen Kultur geschuldete Merkmale auf, während der sie begründende Einfluss der chinesischen Teekultur offensichtlich bleibt. Dabei kann es sich um nationale Teekulturen handeln, wie zum Beispiel in Vietnam, Taiwan oder Japan. Darüber hinaus gibt es jedoch auch viele regionale Teekulturen, wie beispielsweise die der China-stämmigen Bergvölker in einigen Ländern Südostasiens.

Einem Land oder einer Region eine „eigene“ Teekultur zuzuschreiben, ist immer eine Frage der Grenzziehung. Während der japanischen Teekultur niemand die Eigenständigkeit absprechen wird, könnte man bereits Vietnam als einen Grenzfall ansehen. Natürlich muss man fairerweise jeder Teekultur einen gewissen Grad an Eigenständigkeit zusprechen. Dennoch wollen wir hier nur die unstrittig „großen“ Teekulturen der Welt gesondert betrachten.

3. Indien

Assam

Teeanbau in Assam im 19. Jahrhundert

Auch Indien war lange Zeit ein Land mit viel Tee, aber wenig Teekultur. Vielmehr war es die britische Teekultur, für welche Tee in Indien überhaupt erst produziert wurde. So kommt es, dass Tee in Indien auch erst ab dem 19. Jahrhundert durch die britischen Kolonialherren bekannt wurde. Obwohl der Hintergrund der Ursprünge der Teekultivierung in Indien also ein ganz ähnlicher ist wie für Sri Lanka und Indonesien, hat die Entwicklung der Teekultur hier einen anderen Verlauf genommen.

So hat Indien im Jahr 2014 knapp 1.200.000 Tonnen Tee produziert, von denen jedoch nur etwa 200.000 Tonnen in den Export flossen. Dies legt nahe, dass der Genuss von Tee als Getränk sich in der indischen Allgemeinbevölkerung seit der Einführung des Tees dort durch die Briten gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf breiter Basis durchgesetzt haben muss.

Und natürlich trinken die Inder neben dem für das Land typischen schwarzen Tee von jeher am liebsten ihren Chai-Tee. Dieser ist eine Mischung aus eben jenem schwarzen Tee und einer Reihe Chai typischer Gewürze. Deshalb fließt auch in diesen „Kanal“ eine beträchtliche Menge des in Indien hergestellten Tees.

"Oriental Black" - Klassischer Chai Gewürztee auf Schwarzteebasis

Indischer „Chai“ – Gewürztee auf Schwarzteebasis

4. Taiwan

4.1. Wurzeln der taiwanesischen Teekultur

Die taiwanesische Teekultur ist wohl diejenige nationale Teekultur, die der chinesischen am ähnlichsten ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass China und Taiwan ganz allgemein über geteilte kulturelle Wurzeln verfügen. Deshalb ist die Entwicklung einer eigenen nationalen Teekultur in Taiwan zum einen eher jüngeren Datums. Zum anderen orientiert sich die taiwanesische Teekultur auch heute noch sehr stark an der des chinesischen Fest- und einstigen Mutterlandes.

Vintage Taiwan (Formosa) Tee-Postkarte

 

Als Flüchtlinge aus China zu Beginn des 19. Jahrhunderts erstmals ihren Fuß auf die von den Portugiesen „Formosa“ getaufte Insel setzen, ist Taiwan ein wilder, fast gänzlich unbesiedelter Ort. Sie bringen Samen von Oolong-Tee-Kultivaren aus dem nahegelegenen Fujian mit und pflanzen diese in der neuen Heimat ein. Ihre Bestrebungen sind von Erfolg gekrönt. Nicht nur wächst und gedeiht die Teepflanze in Formosa ganz prächtig, sondern bald schon bilden sich in Anpassung an die neue Umgebung neue, eigene Kultivare heraus, die Taiwans Teekultur, wie wir sie heute kennen, entscheiden prägen.

Alte Taiwanesische Tee-Briefmarke
4.2. Stellenwert von Oolong-Tee in der taiwanesischen Teekultur

Die Schwerpunktlegung auf Oolong-Tee-Kultivare ergibt sich logisch aus der Herkunft des mitgebrachten Saatguts. Schließlich ist die chinesische Provinz Fujian ist bis heute eine DER vier Herkunftsregionen für Oolong-Tees. Trotzdem werden in Taiwan – wie in Fujian – auch grüner Tee sowie eine Reihe namhafter schwarzer Teesorten hergestellt.

Taiwan Tee-Landkarte

4.3. Die Teezeremonie in Taiwan

Obwohl die Teekultur Taiwans deutliche Parallelen zur chinesischen Teekultur aufweist, hat sie durchaus auch ihre Eigenheiten. Ein Beispiel hierfür ist die taiwanesische Teezeremonie. Diese mag auf den ersten Blick der chinesischen ähneln. Dennoch weist sie auch eigene, für Taiwan typische Merkmale auf. Wie in China dreht sich die Teezeremonie in Taiwan vorwiegend um die rituelle Zubereitung von Oolong-Tee. Dass Taiwan über ein breites Angebot landeseigener Oolong-Tee-Kultivare verfügt, trägt zur eigenen Identität der taiwanesischen Teezeremonie bei.

4.4. Entwicklung und Export von Teekultivaren in Taiwan

Traditionelle taiwanesische Oolong-Tees wie Oriental Beauty Oolong Tee und Dong Ding Oolong Tee haben heute überall in der Welt Rang und Namen. Damit aber nicht genug. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts und verstärkt seit den 60er und 70er Jahren betreibt Taiwans Regierung gezielt Programme zur Entwicklung neuer Teekultivare. Diese entsprechen jeweils bestimmten, an einem gewünschten Geschmack und/oder gegebenen Umweltbedingungen orientierten Anforderungsprofilen. So wurden beispielsweise besonders ertragreiche, schädlingsresistente oder klimaunempfindliche Kultivare entwickelt, die mittlerweile erfolgreich in andere Länder exportiert werden.

5. Japan

Die japanische Teekultur ist die zweitälteste der Welt

Japanische Geishas beim Teetrinken

5.1. Ursprung der japanischen Teekultur

Japans erster Kontakt mit Tee als Getränk wird auf das Jahr 552 n. Chr. datiert. Damals brachten buddhistische Mönche Tee von Studienreisen nach China mit. Erstes Saatgut brachten die Mönche Saicho und Kukai von einer solchen Studienreise im Jahr 805 n. Chr. mit. Die hieraus resultierenden ersten Teepflanzen Japans wuchsen auf der an der Südspitze Japans gelegenen Insel Kyushu, wo bis zum heutigen Tag erfolgreich Tee angebaut wird.

Als tatsächliche Initialzündung der japanischen Teekultur gilt jedoch der zweite Anpflanzversuch durch den Mönch Eisei in Fukuoka im Jahr 1168 n. Chr. Eisei beschränkte sich nicht nur auf das Anpflanzen und Verarbeiten von Tee, sondern propagierte den Teegenuss darüber hinaus erfolgreich auf breiter Basis. Seine Bemühungen sowie spätere Pflanzungen seiner Schüler in Uji markieren den tatsächlichen Beginn von Japans Teekultur. Deshalb genießt Uji unter den Teeanbaugebieten Japans bis in die heutige Zeit besonderes Ansehen. Und bis heute dreht sich in der japanischen Teekultur fast alles um den grünen Tee. In Japan wird dieser zum Abbruch der Oxidation aber gedämpft anstatt wie in China geröstet. Japanische Grüntees unterscheiden sich daher auch geschmacklich sehr stark von chinesischen.

Eisei - japanischer Zen-Mönch, der den Tee von China nach Japan brachte

Jap. Zen-Mönch Eisei

Neben dem Teesamen brachte Eisei aus China auch die Methode der Herstellung von pulverisiertem Grüntee aus Tencha-Blättern mit. Wie in China zu dieser Zeit üblich, stellte auch er durch Entfernen der Stängel und Blattrippen von den Teeblättern Tencha her. Dieser wurde dann in Steinmühlen zu dem feinen Grüntee-Pulver zermahlen, das wir heute unter dem Namen Matcha-Tee kennen. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1215 wurde Eisei noch Autor des ersten japanischen Buches über Tee, „Kissa·yōjō·ki“ (jap.: 喫茶養生記, übersetzt etwa: „Der Schlüssel zum gesunden Teetrinken“). Mit seiner Publikation unterstrich er noch einmal seine Schlüsselrolle in der Geschichte der japanischen Teekultur.

5.2. Die Japanische Teezeremonie

Japanische Teezeremonie - strikte Ablauf- und Verhaltensregeln

Trad. jap. Teezeremonie – strikte Ablauf- und Verhaltensregeln

Eine besondere Rolle in der japanischen Teekultur nimmt die japanische Teezeremonie, Chanoyu, ein. Anders als die chinesische ist sie sehr stark ritualisiert und jede einzelne Verrichtung – nebst einem expliziten Katalog von Do’s und Don’ts – exakt festgeschrieben. In ihr spiegeln sich viele spezifische Elemente der traditionellen japanischen Kultur.

Auch wenn die japanische Teezeremonie das chinesische Vorbild als Quelle der Inspiration nicht verleugnen kann, bestehen elementare Unterschieden zwischen den beiden Traditionen. Eine besondere Eigenheit der japanischen Teezeremonie ist, dass nicht wie in China der Blatt-Tee, sondern der grüne Pulver- oder „Matcha“-Tee im Mittelpunkt steht.

Sen no Rikyu - Begründer und Altmeister der rituellen japanischen Teezeremonie

Sen no Rikyu

Als einflussreichste Person in der Entwicklung der japanischen Teezeremonie, wie wir sie heute kennen, gilt Sen no Rikyu (1522-1591). Dieser verbrachte seine Jugendjahre als Schüler namhafter Teemeister seiner Zeit, um später selbst in hohen Adelshäusern der damaligen japanischen Gesellschaft bis hin zum kaiserlichen Hof als Teemeister zu dienen. Die philosophische Haltung des Hobby-Töpfers, Schriftstellers und Poeten Sen no Rikyu zeigt sich sehr schön in seinem berühmt gewordenen Satz:

„Wenn ihr auch eure Hände säubert und den Staub und Schmutz von den Gefäßen wischt, welchen Sinn macht all das Getue, wenn das Herz doch nicht rein ist?“

6. Tibet und der Buttertee

Routen der alten Teestraße von Yunnan und Sichuan nach Lhasa in Tibet

Alte Tee-Pferde-Straße von Yunnan und Sichuan nach Lhasa in Tibet

Über die Tee-Pferde-Straße brachten bereits ab etwa 1000 n. Chr. Karawanen Tee von den chinesischen Provinzen Yunnan und Sichuan bis nach Lhasa im tibetischen Hochland. Hängen blieb der Tee in den Regionen am Wegesrand, beginnend mit Tibet. Dort und in den angrenzenden Hochlandregionen Nepal und Bhutan hat sich die regionale Teekultur insbesondere um den sog. „Buttertee“ entwickelt. Diese regionale Spezialität orientiert sich direkt an den klimatischen Gegebenheiten und resultierenden kulinarischen Bedürfnissen vor Ort. Buttertee wird in Tibet schon zum Frühstück getrunken, üblicherweise nicht aus Tassen, sondern aus kleinen Schüsseln. Auch zu allen weiteren Mahlzeiten des Tages wird Buttertee gereicht. Hierbei ist es Brauch, die Tasse eines Gastes sofort nachzufüllen, sobald dieser einen Schluck getrunken hat. Über den Tag verteilt kommt man in Tibet so leicht auf zehn Schüsseln Buttertee und mehr.

Tibetischer Buttertee - Collage

Tibetischer Buttertee

Zur Fortsetzung – Teil 3 der Artikeltrilogie „Die Entwicklung von Tee als Getränk – Teekulturen der Welt“ – geht es unter dem folgenden Link: Zu Teil 1 geht es per Klick auf den folgenden Link:

(Land- und See-) Wege des Tees von China nach Russland und Europa

Und Teil 1 der Artikeltrilogie finden Sie hier:

Entdeckung und Entwicklung von Tee als Getränk in China

 

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