Fujians Wuyi Mountains – Heimat der Steintees
Fluss der Neun Windungen, Wuyishan, Fujian, China
Das Wuyi-Gebirge ist eine Bergkette im Nordosten der chinesischen Provinz Fujian. Sie erstreckt sich über mehr als 500 km entlang der nördlichen Grenze Fujians mit der Provinz Jianxi. Seinen Namen hat der Gebirgszug der Legende nach von den Brüdern Wu (武 = ‚Krieg‘) und Yi (夷 = ‚Barbar‘) erhalten, zwei im heutigen Jiangsu ansässigen Söhnen eines vorgeblichen Nachkommen des Gelben Kaisers zur Zeit der Shang-Dynastie (1880 v. Chr. – 1100 v. Chr.), die nach dem Ausbruch von Unruhen in Zentralchina in die Bergwelt Fujians flüchteten. Heute bilden die Wuyi-Berge auch die sprachliche Grenze zu der Nordchinesisch sprechenden Provinz Jianxi, wobei die in Fujian gesprochenen Min-Dialekte eng mit den auf Taiwan gesprochenen Dialekten verwandt sind.
Die natürlichen und kulturellen Reichtümer der Region brachten dieser im Jahr 1999 die Anerkennung als UNESCO-Welterbe in mehreren Kategorien – Kultur, Landschaft und Artenvielfalt (Biodiversität). Steigende Touristenzahlen und wachsenden wirtschaftlichen Wohlstand verdankt insbesondere das Gebiet um und westlich der gleichnamigen Stadt Wuyishan aber nicht nur seinem Status als UNESCO Schutzzone, sondern auch – und vielleicht in erster Linie – den von dort kommenden Teesorten: Wuyi streitet sich mit Anxi (im Süden Fujians, Heimat des Tie Guan Yin Oolong Tee) um den Titel „Wiege des Oolong-Tees“, wobei historisch nicht klar ist, welcher der beiden Regionen der Titel letztlich gebührt oder ob dieser gerechterweise nicht vielleicht geteilt werden bzw. zu der Aussage ‚Fujian ist die Wiege des Oolong-Tees‘ erweitert werden müsste.
Verantwortlich für den heutigen Weltruhm der Wuyi-Berge als eines der gefragtesten und auch im touristischen Sinne meistbesuchten Teebanbaugebiete der Welt sind vor allem die sog. Wuyi Steintees (chin. ‚Yancha‘ 岩茶, engl. ‚Rock Teas‘), eine aus zahlreichen Kultivaren und entsprechend vielen Sorten bestehende Gruppe von Oolong-Tees, sowie die Gruppe der schwarzen Lapsang-Tees. In der Hauptsache mit den ersteren möchte sich dieser Artikel beschäftigen, detaillierte Informationen zu Lapsang Souchong, Zheng Shan Xiao Zhong und Jin Jun Mei bietet unser Artikel
Lapsang Souchong, Zheng Shan Xiao Zhong, Lapsang Jin Jun Mei – alles das Gleiche?
Natürliche und kulturelle Reichtümer der Wuyi-Region
Mit durchschnittlichen Höhenlagen zwischen 800 und 1500 Metern (tiefste Täler bis 200m, höchster Gipfel ‚Huanggang Shan‘ mit 2158 m), nährstoffstoffreichen Böden vulkanischen Ursprungs und einer durch die steilen Bergwände abgeschotteten feuchtwarmen Klimaoase bieten die Wuyi-Berge nicht nur für den Teeanbau allerbeste Bedingungen. Vielmehr gilt die Vielfalt hier gedeihender Arten sowohl in Flora als auch in Fauna allgemein als einzigartig. In den immergrünen Laub- und Nadelbaumwäldern finden sich 700 Jahre alte Ginkgobäume, über 140 Vogelarten sowie zahlreiche Reptilien und Amphibien, darunter mehr als 50, zum Teil giftige Schlangenarten. Das zerklüftete, von tiefen Schluchten (‚Pits‘) durchfurchte Terrain, aus dem insgesamt 36 Felssäulen – die Wahrzeichen der Region – steil in den Himmel ragen, wird vom idyllischen ‚Fluss der neuen Windungen‘ durchflossen. Der insgesamt 60 km lange, sich in einer tiefen Schlucht durch Wuyishan windende Fluss lädt auf einer Strecke von 9 km Länge zum Sightseeing und zur Erkundung des landschaftlich spektakulären Areals mit dem Boot ein, eine der touristischen Hauptattraktionen des Wuyi-Kerngebiets. Weitere Sehenswürdigkeiten natürlichen Ursprungs schließen 72 Höhlen, 99 Steilwände und insgesamt 108 Aussichtspunkte ein.
Kulturell blickt Wuyishan auf eine lange und reichhaltige Geschichte zurück. Archäologische Funde belegen eine bis zu 4000 Jahre zurückreichende Besiedelung der Bergregion. Zur Zeit der Westlichen Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 25 n. Chr.) fungierte die alte Stadt Chengcun als Hauptstadt des Minyue-Reiches, und im 7. Jahrhundert wurde ein Palast (‚Wuyi Palace‘) für den Kaiser zum Darbringen von Opfergaben erbaut, der bis heute erhalten ist und von Touristen besucht werden kann. Viele Jahrhunderte hindurch diente Wuyishan als ein Zentrum taoistischer und buddhistischer Lehrtätigkeit. Funde belegen die Existenz von insgesamt 35 im Zeitraum von der Nördlichen Song-Dynastie (960 – 1279 n. Chr.) bis zur Qing-Dynastie (1644-1911) erbauten Akademien sowie 60 taoistischen Tempeln und Klöstern, von denen mit wenigen Ausnahmen jedoch nur noch eher dürftige Überreste zu sehen sind. Die Teekultur, insbesondere die Kultivierung und Verarbeitung von Wuyi Oolong Tees und Lapsang Schwarztees, ist seit langer Zeit ein integraler Bestandteil der Kultur Wuyishans.
Teegärten in Zhengshan-Areal, Wuyi Mountains, Fujian, China
Wuyi UNESCO Natur- und Landschaftzschutzgebiet und Weltkulturerbe-Zone
Seit 1999 ist die Wuyi-Region anerkannte UNESCO Welterbe- und geschützte Zone in den Bereichen Kultur, Natur (Artenvielfalt) und Landschaft. Das gesamte, vom Programm abgedeckte Terrain einer Fläche von 99.975 ha ist in 4 nach Schutzart und -Grad verschiedene Schutzzonen unterteilt:
- Die den Osten des Wuyi-Gebirges abdeckende UNESCO Wuyishan National Nature Reserve mit einer Fläche von 56.527 ha.
- Die den Bereich um den Fluss der neun Windungen im Zentrum des Wuyi-Gebirges abdeckende UNESCO Nine-Bend Stream Ecological Protection Area mit einer Fläche von 36.400 ha.
- Die Wuyishan National Scenic Area im westlichen Zipfel von Wuyishan, einschließlich Wuyishan Stadt und der wichtigsten Wuyi Teeanbaugebiete mit einer Fläche von 7.000 ha.
- Außerdem ist noch das nur 48 ha umfassende, etwas abseits gelegene Areal der ‚Protection Area for the Remains of Ancient Han Dynasty‘ als UNESCO-geschütztes Weltkulturerbe ausgewiesen.
Kerngebiet des Teeanbaus in Wuyishan ist der westliche Teil, die Wuyishan National Scenic Area. Dieses Kerngebiet wird sowohl im Kontext der Delimitierung der einzelnen Schutzzonen als auch im Hinblick auf die Erzeugung von Wuyi Steintees (Wuyi Yancha Oolong Tees) und Lapsang-Schwarztees häufig auch als ‚Zheng Shan‘ (= ‚Original-Berg‘) bezeichnet.
Planungskarte der Wuyi UNESCO-Schutzzonen
Wuyi Yancha Oolong Tees (Steintees)
Was macht einen Steintee zum Steintee? Eine häufig gestellte Frage, auf die es eine sehr einfache und aber auch eine äußerst komplexe Antwort gibt. Die einfache Antwort: der Stein. Die vom vulkanischen Ursprung des Felsgesteins im Zhengshan-Areal geprägten Bodeneigenschaften sind verantwortlich für die einzigartige, allen Wuyi Rock Tees gemeinsame mineralische Basisnote, welche außerhalb besagten Areals auch von durch Ableger gewonnenen Teepflanzen des gleichen Kultivars nicht reproduziert werden kann. Es sind der Fels und die Erde von Wuyi Zhengshan, die Wuyi Yancha Oolong Tees nicht nur einzigartig, sondern auch dementsprechend rar und teuer machen. Warum es ganz so einfach dann doch wieder nicht ist, zeigt die für Wuyi Steintees üblichen Einteilung in Regionen innerhalb der Wuyishan-Region:
– ‚Zheng Shan‘ (‚Original-Berg‘) oder ‚Zheng Yan‘ (‚Original-Fels‘) bezeichnet das mit der Wuyi National Scenic Area identische traditionelle Kerngebiet der Kultivierung und Verarbeitung von Wuyi Yancha Oolongs (gilt gleichermaßen auch für Lapsang-Schwarztees). Innerhalb des ‚Zhengshan‘-Areals gibt es eine Reihe individueller Schluchten (‚Pits‘), von denen jede für ihre Eignung für einen oder mehrere bestimmte Kultivare bekannt ist. Ursprünglich gab es nur fünf namentlich identifizierte solche Schluchten (3 Pits and 2 Gullys‘): Huiyuan Pit, Niulan Pit, Daoshui Pit, Liuxiang Gully und Wuyuan Gully. Heute sind jedoch eine ganze Reihe weiterer spezifischer Locations innerhalb des Zhengshan-Gebietes für die Teekultivierung erschlossen und entsprechend identifiziert. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die besten Zhengshan Anbau-Locations in verhältnismäßig niedrigen Höhenlagen von nur 300-700 m angesiedelt sind. Fels, Boden und die von den Gegebenheiten der Felswände geschaffenen besonderen klimatischen Verhältnisse innerhalb Zhengshans im Allgemeinen und innerhalb der Schluchten im Besonderen kreieren im Verbund mit dieser Höhenlage einzigartige Bedingungen, wie man sie sonst von keinem namhaften Schauplatz des Teeanbaus her kennt. Es sind diese Bedingungen, die den besonderen Charakter von Wuyi Steintees prägen. Der unmittelbar an die Zhengshan-Zone angrenzende Bereich wird als
– ‚Ban Yan‘ (wörtlich: ‚Halb-Fels‘) bezeichnet. Das Banyan-Areal verfügt zum Teil über Bereiche, in denen die Boden und klimatischen Bedingungen annähernd identisch mit denen im Zhengshan-Gebiet sind und die Heimat einer Reihe alteingesessener Teeplantagen sind und deren Rock Oolong Tees traditionell auf eine Stufe mit den aus dem Zhengshan-Areal stammenden Steintees gestellt werden – oder zumindest fast. Tatsächlich ist es heute so, dass die besten Yancha Oolongs aus dem Banyan-Gebiet durchaus besser sein können als Zhengshan-Yanchas minderer oder mittlerer Qualität. In westlicher Richtung an den ‚Banyan-Streifen‘ angrenzend befindet sich das
– ‚Zhou Cha’ (wörtlich: ‘Fluss-Tee’) Areal, die mit fruchtbaren Böden und großem Wasserreichtum gesegneten Ufer des Flusses der Neun Windungen und angrenzenden Flusstal-Bereiche. So gut dieses Gebiet für den Anbau von Tee (und anderem) geeignet sein mag, die hier wachsenden Oolong-Tees – zum Teil durchaus mit denen im Zhengshan- und Banyan-Gebiet identische Kultivare – weisen nur noch wenig von dem typischen Steintee-Charakter von Wuyi Yancha Oolongs auf und werden auch nicht mehr als Steintees im engeren Sinne angesehen. Jenseits der ‚Zhou Cha‘-Zone gibt es dann noch einen als
– ‚Wai Shan‘ (‚außerhalb des Berges‘) bezeichenten Bereich. Gemeint sind angrenzende Gebiete Wuyishans, in denen ebenfalls Tee, auch Oolong-Tee, angebaut wird, der aufgrund fehlender spezifischer Eigenschaften jedoch nicht als Yancha (Rock-Tee, Stein-Tee) qualifiziert ist.
Da Hong Pao (‚Big Red Robe‘) Mutterbüsche
Arten von Steintees
Bei der Beschäftigung mit den zahlreichen verschiedenen, im Wuyi-Gebiet verbreiteten Tee-Kultivaren, aus denen ebenso zahlreiche verschiedene Yancha Oolongs gewonnen werden, wird die Wissenschaft leicht zur Qual. Laut Experten gibt es allein im Zhengshan-Areal tatsächlich tausende solcher Kultivare, von denen manche nur durch einige wenige Exemplare von Teebüschen vertreten sein können. Zu den bekanntesten Arten zählen in China traditionell die ‚Si Da Ming Cong‘ (‚Die Vier Großen Wuyi Steintees‘):
– Da Hong Pao (‚Big Red Robe‘) – Der ‘König der Wuyi Yancha Oolong Tees’, der sich aufgrund seiner hohen weltweiten Popularität besonders großer Nachfrage erzeugt, resultierend in entsprechender Knappheit und selbst sehr für Zhengshan-Steintees ungewöhnlich hohe Preise. Händler schließen die durch die limitierte Verfügbarkeit von Original Da Hong Pao Oolong Tee entstehenden Lücken gern durch das Angebot mehr oder weniger nicht-originaler Tees, welche sie auf einem niedrigeren Preisniveau dennoch unter dem Namen Da Hong Pao anbieten. In der Regel handelt es sich dabei um vom gleichen (oder auch nur ähnlichen) Kultivar stammende Tees, die jedoch nicht aus dem Zhengshan-Gebiet stammen, sondern entsprechend jenseits davon angebaut werden. Während Banyan Da Hong Pao von bestimmten Teeplantagen ebenfalls noch als Da Hong Pao bezeichnet werden, beginnt jenseits davon die No-Go-Zone: ein aus den Regionen ‚Zhou Cha‘ oder gar ‚Wai Shan‘ stammender Tee ist nie ein Da Hong Pao und wird auch durch die marketingwirksame Vergabe des Namens durch den Händler nicht zu einem solchen. Ein typischer Original Da Hong Pao zeichnet sich durch ein besonders ausgewogenes Geschmacksbild einer komplexen erdig-mineralischen, fruchtig-süßen und floralen Noten aus.
Da Hong Pao Wuyi Rock Oolong Tee
– Tie Luo Han, (chin. 铁罗汉) = ‘Iron Arhat’) ist der älteste bekannte Wuyi Yancha, dessen Ursprünge bis in die Zeit der Song-Dynastie (960 – 1279) zurückreichen. Er ist ein sehr leichter und außerhalb Chinas bis heute eher wenig bekannter Wuyi Rock Oolong Tee, für den per Standard fast ausschließlich die Knospen gepflückt werden. Der Legende nach wurde er einst von einem mächtigen Krieger-Mönch mit goldbronzener Hautfarbe entwickelt, daher der Name Tie Luo Han, was so viel bedeutet wie ‚Eiserner Krieger-Mönch‘. Die Blätter dieses Tees sind von intensiv grüner Farbe, während die Farbe des Aufgusses im Vergleich zu anderen Wuyi Steintees eher hell ausfällt. Geschmacklich ist Tie Luo Han weich und geschmeidig, mit sanften floralen Noten und lange auf dem Gaumen nachklingendem süßem Röstgeschmack..
– Shui Jin Gui (chin. 水金龟 = ‘Golden Water Turtle’) hat seinen Namen der Legende nach während der Zeit der Qing-Dynasty (1644–1911) erhalten, ist in Wirklichkeit aber bereits sehr viel älter. Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gewinnt er in Kultur und Öknomie der Region zunehmend an Bedeutung. Die frischen Teeblätter sind von intensiv dunkelgrüner Farbe und schimmern nach der Verarbeitung leicht bläulich. Geschmacklich wird der klare, tief orangefarbene Aufguss von einem vollmundigen Charakter mit ausgeprägt fruchtiger (Pflaumen-) Note und langem Nachklang geprägt.
– Bai Ji Guan (chin. 白雞冠 = ‘White Cockscomb’) – ein besonders leichter Yancha Oolong. Der Legende nach erhielt dieser Steintee seinen Namen einst zur Zeit der Ming-Dynastie (1368–1644) von einem Mönch als Andenken an einen mutigen Hahn, der sein Leben geopfert hatte, um sein Küken vor einem Adler zu retten. Berührt von der selbstlosen Handlungsweise des Hahns begrub der Möch diesen und an eben jener Stelle wuchs wenig später der Bai Ji Guan Teebusch. Wahrscheinlicher ist aber, dass der Kultivar von der weißen Erscheinung seiner älteren Blätter im Sonnlicht erhalten hat. Anders als bei den meisten Wuyi-Tees sind die Blätter dieses Busches allgemein eher gelblich as grün oder braun. Auch der Geschmack dieses Tees ist gemessen an der auffallenden Ähnlichkeit der Geschmacksprofile aller Wuyi Steintees relativ eigen und der Tee wird mit 60-80% für eine Yancha vergleichweise gering fermentiert.
In jüngster Zeit haben gerade auch im Westen die Yancha-Kultivare Rou Gui und Shui Xian sehr stark an Popularität gewonnen. Diese beiden weisen im Zhengshan-Areal auch flächenmäßig die stärkste Verbreitung auf und müssen heute eigentlich in einem Atemzug mit den Si Da Ming Cong erwähnt werden.
– Rou Gui (肉桂 ‘Cinnamon’) Rock Oolong Tee hat gerade in jüngster Zeit stark an Popularität gewonnen. Die intensive Süße und Fruchtigkeit des von diesem Kultivar produzierten Tees mögen ihren Beitrag hierzug geleistet haben. Bei den Recherchen zu Wuyi Tee Varietäten und insbesondere Steintees wurde nicht ganz klar, wann und wie genau der Rou Gui Kultivar in die Wuyi-Berge gelangt ist, aber es scheint als habe er sich dort sehr schnell zu einem ‚Yancha‘ mit sehr starkem ‚Rock-Charakter‘ entwickelt und als gründe seine große Popularität sich in der Hauptsache auf diese ‚neue‘ Wuyi Steintee-Identität. Die Teeblätter sind von sandgrüner bis dunkler Farbe und verströmen einen nachhaltigen Duft von ‚Chinese Cinnamon‘. Seit Jahren macht Rou Gui Yancha Oolong immer wieder als Goldmedaillen-Gewinner nationaler Tee-Wettbewerbe auf sich aufmerksam.
– Shui Xian (水仙 ‘Narcissus’) Yancha Oolong Tee ist ein traditioneller Wuyi Rock Oolong Tee, der sich ebenfalls gerade in letzter Zeit steigender internationaler Beliebtheit erfreut. Der Kultivar ist vergleichsweise großblättrig, mit einer großen Farbvarianz der Teeblätter zwischen grün und schwarz. Der Geschmack von Shui Xian Oolong Tee wird besonders von den für Wuyi Steintees typischen mineralischen Noten dominiert.
‚Lao Cong‘ in Verbindung mit einem Shui Xian Oolong Tee bedeutet ‚alter Busch‘. Es heißt, Shui Xian Yancha Oolong wird mit zunehmendem Alter des Busches immer besser. Leider fehlt eine Definition von ‚alt‘, so dass nicht klar ist, wie viele Jahre einen Shui Xian Teebusch als alt, d.h. als Lao Cong qualifizieren. Im Handel bezieht der Begriff sich auf weit auseinanderklaffende Altersklassen, die von 15 bis 100 Jahren reichen. Ohne genaue Kenntnis des Alters des Busches in Jahren ist der Begriff Lao Cong also wenig aussagekräftig.
Für jeden dieser Wuyi Steintee-Kultivare gibt es im Zhengshan-Gebiet genau einen Ort, von dem er ursprünglich stammt. Heute sind einzelne Standorte in der Regel von mehr als einem Kultivar belegt, je nach jeweiliger Eignung von Höhenlage, Boden und Mikroklima . Die genauen Abstammungslinien der einzelnen Kultivare und deren resultierenden Verwandtschaftsbeziehungen untereinander sind in China mittlerweile Gegenstand ausgiebiger wissenschaftlicher Erforschung. Hier ein Beispiel zur Veranschaulichung der Komplexität des Themas: Da Hong Pao (‚Big Red Robe‘), der auch als ‚König der Wuyi Yancha Tees“ bezeichnete und wohl bekannteste Rock Oolong Tee stammt nachweislich ursprünglich von 6 ‚Original-Büschen‘ ab, die sich an einer identifizierten Stelle im Zhengshan-Gebiet an eine steile Felswand schmiegen. Wissenschaftliche Untersuchungen dieser Büsche haben nun ergeben, dass eigentlich nur drei dieser Büsche der gleiche Kultivar sind, während die anderen beiden ein (oder zwei) weitere, genetisch geringfügig von dne anderen abweichende Kultivare repräsentieren. Während ALLE Da Hong Pao Büsche in der engeren oder weiteren Umgebung der Originalbüsche von diesen abstammen (Reproduktion per Ableger), gelten nur die im Zhengshan-Gebiet wachsenden Teepflanzen dieses Kultivars sowie die einiger alteingesessener Teeplantagen im engeren Banyan-Bereich als Original Da Hong Pao. Außerhalb dieser Gebiete wird der Kultivar seine Eigenschaften so sehr verändern, dass die eigentlichen Charakteristika von Da Hong Pao und Rock Oolong Tee nicht mehr gegeben sind und die Bezeichnung des aus solchem Anbau gewonnenen Tees als Da Hong Pao sich sozusagen verbietet. Ähnlich komplexe Abstammungsverhältnisse und Anforderungsprofile gelten entsprechend für alle anderen oben genannten und weiteren Yancha Oolong Kultivare. Das Pflücken der Teeblätter von den Original Da Hong Pao Teebüschen für Verarbeitungs- und Genusszwecke ist zum Schutz der Pflanzen und deren Präservation für wissenschaftliche Studien übrigens seit 2007 verboten.
Shui Xian Wuyi Yancha Oolong Tee
Handpflückung und -Verarbeitung vs. Maschinelle Pflückung / Verarbeitung
Auch in Wuyishan bleiben die mit der Teeerzeugung verbundenen Pflück- und Verarbeitungsprozesse vom technischen ‚Fortschritt‘ nicht unberührt. Vollständig von Hand gepflückte und verarbeitete Tees, welche grundsätzlich immer das Potential haben, maschinellen Prozessen qualitativ überlegen zu sein, werden auch hier immer seltener. Weit verbreitet sind sie insbesondere noch im Zhengshan-Areal, zum einen, weil die hier produzierten Tees höhere Preise erzielen und die in ihre Verarbeitung investierte Handarbeit somit eher bezahlen, zum anderen sicherlich auch, weil gerade die maschinelle Pflückung nur in konventionellen Teegärten möglich ist, nicht aber in dem für das Zhengshan-Gebiet typischen Terrain.
Die folgenden Ausführungen zur Pflückung und Verarbeitung von Wuyi Steintees basieren auf der Annahme vollständig traditioneller und manueller Prozesse. Wo Maschinen zum Einsatz kommen, müssen die hier gemachten Aussagen entsprechend relativiert und angepasst werden.
Pflückung von Wuyi Yancha Oolong Tee
Das Pflücken von Teeblättern in Wuyishan ist mit einer besonderen, in dieser Form anderswo wahrscheinlich nur selten bekannten Herausforderung verbunden: dem Identifizieren der eigenen Teepflanzen. Nebst der konventionellen Kultivation von Teebüschen in wohlgeordneten, ihren jeweiligen Besitzern leicht zuordbaren Reihen wachsen in Wuyishan gerade die alten und besonders wertvollen Teebüsche einzeln oder in kleinen Gruppen wahllos verstreut, z. T. auch an relativ unzugänglichen Steilhängen und auf Felsvorsprüngen (siehe z. B. Da Hong Pao Mutterbüsche). Hierbei kann es insbesondere für vorübergehend beschäftigte Pflücker sehr schwierig bis unmöglich sein, einzelne, dem jeweiligen Besitzer und Auftraggeber zuzuordnende Büsche zu lokalisieren. Es ist in Wuyishan deshalb Brauch, dass der Besitzer von Teebüschen gemeinsam mit den Pflückern loszieht, nicht nur, um die Angemessenheit des Pflückstandards zu überwachen und die Pflücker in der Auswahl der pflückenden Blätter anzuleiten, sondern zunächst auch, um die richtigen, sich in seinem Besitz befindlichen Teebüsche überhaupt erst gegenüber den Pflückern zu identifizieren.
Felsensäule ‚Yulu‘ in der Wuyi UNESCO Schutzzone
In unzugänglichem Terrain mag im Einzelfall auch die Versuchung hoch sein, Teeblätter von besonders hochwertigen Büschen zu pflücken, die einem gar nicht gehören. Allgemein scheint in Wuyishan, was das betrifft, ein hoher ethischer Standard zu herrschen. Es gibt jedoch auch ein traditionelles, auf solche Fälle angewandtes Gewohnheitsrecht in Wuyishan: wer vom Teebusch eines anderen pflückt, muss diesem den doppelten Wert der gepflückten Teeblätter bezahlen.
Traditionell werden für einen hochwertigen Wuyi Yancha im Allgemeinen (für einzelne Kultivare abweichend) jeweisl die obersten 3 Teeblätter eines pflückreifen Ästchens gepflückt. Dieser Standard ist heute einerseits zwar dadurch ausgehöhlt, dass aufgrund der hohen Nachfrage nach diesen Tees die Blätter jedes Ästchens stattdessen meist bis zum ‚Fischauge‘ (d.h. etwa 5 Blätter) gepflückt werden, andererseits wird die auf diese Weise eingebrachte Ernte später noch einmal von Hand sortiert und die hochwertigeren von den minderwertigeren Teeblättern separiert. Diese Separierung entspricht im Endeffekt dann widerum weitgehend einer Unterscheidung in oberste 3 und darunterliegende Blätter. Die ‚2.Wahl‘ ist in diesem Fall ein minderwertiger Tee, der auch zu einem entsprechend niedrigeren Preis gehandelt wird. Das System hat den ‚Vorteil‘, dass beispielsweise auch Original ‚Zhengshan‘-Tees auf erschwinglichem Preisniveau erhältlich sind, während die Verfügbarkeit reiner hoher Qualitäten erhalten bleibt.
Verarbeitung von Wuyi Steintees
Die initiale Verarbeitung von Steintees gleicht der anderer Oolong-Tees: die Teeblätter werden nach dem Ernten zunächst für eine Weile im Freien ausgebreitet und an der Sonne gewelkt, bevor sie ins Halbdunkel der Verarbeitungsregale gebracht und dort typischerweise auf großen runden Bambustabletts zum weiteren Welken in Regalen verwahrt werden. Während des Welkens werden die Teeblätter immer wieder von Hand gewendet, umgeschichtet und verwirbelt. Hierbei werden die Blattoberflächen mit mechanischer Kraft (traditionell von Hand) aufgebrochen, um eine Interaktion der Teesäfte mit der Luft zu ermöglichen (Oxidation). Sichtbares Resultat hiervon ist die fleckige Braunfärbung der fertig verarbeiteten Teeblätter. Die Reaktion der Blattsäfte mit Sauerstoff hat geschmackliche Auswirkungen, die integraler Bestandteil des charakteristischen Oolong-Tee-Profils sind. (siehe hierzu auch unser Video zur Oolong-Tee-Verarbeitung)
Alle Wuyi Rock Oolong Tees sind im oberen Viertel der Oxidationsskala angesiedelt. Die Bestimmung des genauen Zeitpunkts, wann der Oxidationsvorgang gestoppt werden soll, ist Sache des erfahrenenen Teemeisters. Erachtet er diesen Zeitpunkt als gekommen, werden die Teeblätter für kurze Zeit (traditionell im Wok über Holzfeuer) auf hohe Temperaturen erhitzt und auf diese Weise ‚fixiert‘. Der sich hieran anschließende Zyklus des Röstens über Holzkohle ist ein Charakteristikum von Wuyi Yancha Oolongs. Eine erste Röstung, während welcher die Teeblätter auch in ihre typische, leicht gewundene längliche Form gerollt werden (von Hand in der heißen Pfanne), während weitere Röstungen (mindestens eine!) in Abhängigkeit von zeitlichen und anderen Kapazitäten erfolgen. Röstgeschmack und -Aroma sind im frisch verarbeiteten Steintee tendenziell überpräsent. Deshalb werden hochwertige Steintees in der Regel für mindestens 6 Monate gelagert, bevor sie in den Handel gelangen.
Rou Gui Wuyi Yancha Oolong Tee in unserer Verkostung
Herausforderungen beim Einkauf von Wuyi-Tees (Yancha Oolongs und Lapsang-Schwarztees)
Wie die obigen Ausführungen zeigen, ist das qualitative Spektrum von Wuyi-Tees nicht nur recht breit, wie wir das von Tee im Allgemeinen eigentlich kennen, sondern gewinnt durch eine besondere Vielfalt von Einflussgrößen zusätzlich an Komplexität: Varietät / Kultivar, Herkunft (Zhengshan, Banyan, etc.), Alter des Busches, maschinelle vs. Handpflückung/-Verarbeitung, Pflückstandard, Verarbeitungssorgfalt, und mehr. Dies wäre nun nicht weiter tragisch, wenn die einzelnen Merkmale einheitlich gekennzeichnet und dem Endkunden (Teetrinker) als faktische Information verfügbar gemacht werden würden. Dies ist leider nicht immer der Fall. Die dargestellten komplexen Zusammenhänge werden auf der Ebene von Handel und Marketing in der Regel so stark vereinfacht, dass Verzerrungen entstehen, die im Einzelfall bis zur bewussten Irreführung des Kunden reichen können. Ein Angebot auf Ebay beispielsweise (dort gibt es viele solche), in dem ein ‚100% organic Wuyi Original Da Hong Pao‘ zu USD 6.95 per 100g angeboten wird, ist bereits per se mehr als verdächtig, aber auch hohe Preise und Zhengshan-Labeling sind nicht zwingend ein Garant für gute Qualität. Am Ende gilt auch hier: die beste Wahl treffen Sie beim Teehändler Ihres Vertrauens!
Unsere Wuyi Rock Oolong Tees im Siam Tee Shop, original und von bester handgearbeiteter Qualität:
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